Ich kaufe oft im Bio-Supermarkt ein. Das hört sich jetzt dramatischer an, als es ist. Eigentlich gibt es da kaum eine große Geschichte zu, außer dass ich keine Lust auf Terminator-Gemüse, Dioxinmilch, Holocaust-Fleisch und Äpfel habe, die man prima als Giftköder einsetzen könnte. Außerdem liegt er direkt nebenan und der Edeka ist genauso teuer. Auf die Preisbrecher Aldi, Lidl und Real hab ich eh keinen Bock - die sind nämlich mit ihrer restriktiven EInkaufspolitik schuld an der ganzen Lebensmittel-Misere.
Wie dem auch sei - für alle, die da Schwellenangst haben: Es gibt dort fast die gleichen Produkte zu kaufen wie im normalen Supermarkt. Nur dass die Körnerabteilung größer ist, die Bananen grün oder braun sind und die Verpackungen den Charme von DDR der 70er Jahre versprühen. Also alles ganz normal, wenn nur die Kundschaft nicht wäre.
An manchen Tagen ist es furchtbar. Gestern zum Beispiel. Der ganze Markt ist bevölkert von Gestalten, die sich optisch kaum von den faden Verpackungen im Regal abheben. Alle sehen in ihrer verkrampft-gewollten Individualität uniformierter aus als die Terracotta-Armee. Sie repräsentieren ein Geschlecht, dass es in der echten Welt gar nicht gibt. Das, was eigentlich mal Frau sein sollte, trägt jetzt einen Fahrradhelm und eine Brille mit Flaschenböden drin. Sämtliche Figur-Proportionen haben sich entweder umgedreht oder an den ausladensten Stellen angeglichen. Sie tragen mehrere Oberteile wie eine Oberkörper-Burka übereinandergeschichtet, staubige Hosen mit Vogelscheiße von der Spielplatzbank am Arsch und ranzige Riemensandaletten mit einem Fußbett für jeden einzelnen Zeh. Weiß der Teufel, wie sie es geschafft haben, sich begatten zu lasssen, aber sie haben unentspannnt aussehende Kinder, die entweder mit nacktem Arsch apathisch im Einkaufswagen dösen oder brüllen wie am Spieß und dabei unbehelligt die Regale ausräumen. Wieso denken diese Mütter eigentlich, dass ein Biosupermarkt eine Mischung aus Walldorfschule und Ashram ist? Spätestens an der Kasse müsste denen doch der Unterschied auffallen.
Die dazu passenden Männchen sehen genauso aus, nur dass sie dünner sind und längere und schönere Haare haben wie die trampeligen Weibchen. Außerdem erkennt man sie daran, dass sie auf dem Weg von der Milchkühlung zum Brotaufstrichregal an der Fleischtheke ganz leicht den Schritt verlangsamen und heimlich auf die Koteletts in der Auslage schielen. Muss so eine Art verkümmertes Restgen sein, so wie die darwinsche Ohrspitze.
Die ganze Meute gehört auch irgendwie zusammen und kennen sich alle. Das merkt man aber erst, wenn sie sich wie eine Viererkette vor den Kassen positionieren und ständig (wegen den rumlaufenden Bälgern) ihre Positionen wechseln, bis man selbst überhaupt nicht mehr weiß, wer jetzt eigentlich vor einem war.
Gestern ist auf jeden Fall etwas ganz schlimmes passiert. Eins der Pseudomännchen hat mir im Vorbeigehen einen kurzen Blick zugeworfen und mir dabei kumpelhaft-anbiedernd zugenickt. Ich glaub es geht los. Nur weil ich keine Pharmagarnelen essen möchte, habe ich noch lang nicht meine Eier an der Eingangstür abgegeben. Ich hätte ihm eins aufs Maul hauen sollen für die Unverschämtheit. Das wäre bestimmt in die Zeitung gekommen. Die welterste Schlägerei im Ökomarkt.