Es ist diese alte Geschichte von Licht und Schatten, Ying und Yang usw. Meine neue Wohnung hat den Nachteil, dass sie zwar in einem prima Stadtteil, aber unmittelbar an einer S- und Güterbahnstrecke gelegen ist. Und das ist wirklich kein Spaß. Ich bin hart im Nehmen und so einiges gewohnt, aber wenn nachts um zwei die Züge rangieren und minutenlang erbärmlich quietschen, poltern, kreischen und dabei noch das Signalhorn brüllt, stehe ich entweder mit Herzklopfen senkrecht im Bett oder binde die Geräusche in meinen Traum ein. Die Mega-Action, die in diesen Träumen abgeht, kann man sich ja ungefähr vorstellen. Das gibts keine romantischen Fummelszenen am Sandstrand, sondern das ist eine würdige Fortsetzung von James Camerons Alien 2 (nicht diese schwule David-Fincher-Version).
Aber wie gesagt - es hat ja auch alles sein Gutes. Der Bilker Bürger ist ja an sich schon tolerant, stressresistent und dem Feiern positiv gegenüber eingestellt. Wer von denen jedoch an dieser Trasse des Schreckens wohnt, erlangt irgendwann automatisch das Gemüt eines 15 Jahre alten, vollgefressenen Golden Retrievers.
Dessen bewusst, habe ich mir auch gar keine großen Gedanken gemacht, als Inky vorschlug, auf unserer gemeinsamen Weihnachtsparty den Riese mit seiner neuen Rockband spielen zu lassen. Was ich dabei allerdings völlig überschätzt habe, ist die (nicht vorhandene) freiwillige Lautstärkebeschränkung von Musikern. Ich dachte nämlich an ein Minimal-Schlagzeug mit Mini-Bassdrum, 6-Zoll-Snare und Hi-Hat, ferner an einen winzigen Übungs-Gitarren- und Bassamp. Halt so, dass man gerade noch über die HiFi-Anlage drüber singen kann.
Blöderweise hatte ich den Jungs meinen Wohnungsschlüssel zwecks Aufbau überlassen und als ich frühen Abend nach Hause kam, traf mich fast der Schlag. Da stand ein ausgewachsenes Rock-Drumkit, an dem eigentlich nur noch die Double-Bass und der China-Gong fehlte, eine durchaus ansehnliche Club-PA, ein Bassamp und eine 4x12er Gitarrenbox samt potentem Röhrenverstärker. Zu Till: „Bist du wahnsinnig geworden, was soll das denn bitteschön werden?" Till: „Reg dich nicht auf, ich kann damit echt auch ganz leise spielen, ehrlich!" Ich: „ERZÄHL MIR KEINE SCHEISSE, ÜBER EINEN 100-WATT-RÖHRENAMP KANN MAN NICHT LEISE SPIELEN!". Konnte man dann auch tatsächlich nicht. Zumindest nicht, wenn man ein Schlagzeug übertönen muss.
Da ich ja Fatalist bin, habe ich mich mein Schicksal gefügt und damit gerechnet, dass die Party um 21.30 Uhr vorbei ist. Dem war aber nicht so. Es ging ziemlich lange und kein Nachbar machte auch nur einen Mucks und die grüne Gewalt tauchte auch nicht auf. Irgendwann, zu fortgeschrittener Stunde, stand eine halbvollgesoffene Frau in der Tür, die sich als Nachbarin aus dem Nebenhaus ausgab. Nachdem Uta ihr geistesgegenwärtig ein kaltes Becks in die Hand gedrückt hatte, wurde sie sofort handzahm, betonte, dass sie und ihr Mann zwar nicht schlafen könnten, Live-Musik aber sehr schätzen würden und erklärte mir deutlich, dass ich ja sowieso nicht schuld wäre, sondern mein Vermieter, der die Bude zum Nachbarhaus so schlecht gedämmt hätte. Das leuchtete mir auch sofort ein - ich kann echt nix dafür, dass bei mir im Wohnzimmer nachts eine Band spielt. Ein dreifaches Hoch auf Bilk!
Tanja und Schäfer:
Till, der alte Saitenquäler und Störenfried:
Torge kam von einer Weihnachtsfeier und sah aus wie Robert Palmer:
Die Sofa-Surfers:
Riese. Entsetzt, dass die Chips alle sind, live am Mikrofon und später brillenbefreit in Rockstarattitüde:
Die Paten in Schwarz: Stefan und KC:
Doppel-D (Dirk und Dave):
Inky (fand gar nichts zu laut):
Mein kleiner Bruder Savage-Ole und ich:
Katzenalarm: Eva und Christiane:
Noch mal Christianenalarm:
Los Mongos:
Nicht Hugh Grant (der konnte nicht), sondern Albi:
Anke und Lars:
BB und Rudi:
Porno-Björn mit Inky und mein wütender kleiner Bruder...
...der sich aber von Christiane und Uta wieder besänftigen ließ. So hat er's gern.
Ich war übrigens auch besänftigt, weil ich von Ale einen selbstgestrickten Schal geschenkt bekommen habe - den schönsten, den ich jemals gesehen habe. Tausend Dank noch mal! Bis jetzt keinerlei Erkältungen zu vermelden.