Donnerstag, März 06, 2008

Die Hundeschule.

Mein Coffy soll es mal besser haben als ich. Daher besuche ich mit ihm jede Samstagmorgen eine Hundeschule. Der Hund kann zwar kein verschuldeter Grafikknecht werden wie sein Herrchen, aber ein wenig Sozialkompetenz macht ihm bestimmt das Leben leichter - und meins auch. Und auch wenn dem Kleinen nicht der Turnbeutel in die nächste Baumkrone geschmissen wird, so kriegt er doch genau so was auf den Fresse wie wir früher. Und uns hat das auch nicht geschadet. Punkt. Soweit die Parallelen.

Das Gelände der Hundeschule ist gegen Fluchtversuche auf die Straße gesichert wie die ehemalige Ostzone und Guantanamo zusammen: Wachpersonal, hohe Zäune, Gitter, Niemandsland, Todeszone. Sehr beruhigend. Was die Ossis und Osama nicht geschafft haben, schafft auch kein Cockerspaniel.

Beim ersten Termin habe ich noch nicht so viel mitgekriegt. Der Kurs beginnt um 10 Uhr, was nicht schlimm ist, weil ich wegen der Töle sowieso um 7 vor die Tür muss, aber mein Körper bietet mir erst ausreichend Wärmeschutz nach fünf Zippen und drei großen Tassen Milchkaffee. Da dieses Soll noch nicht erreicht war, beschäftigte ich mich vorwiegend damit, mir den Arsch auf der feuchten, zugigen Wiese abzufrieren, anstatt dem Trainer zu lauschen. Der Köter hingegen hatte tierisch Spaß dabei, von sämtlichen anwesenden älteren Hunden im vollen Lauf gerammt zu werden und sich wieder mühsam aufzurappeln.

Der besagte Hundeflüsterer zeichnete sich optisch dadurch aus, dass er körperlich eigentlich nicht vorhanden war. Seine dürren Beinchen steckten in riesigen Stiefeln wie zwei Margaritenstengel in einer Bodenvase. Der Rest der schlotternden Bekleidung war komplett von Jack Wolfskin, wahrscheinlich um seinem Hund mit dem Tatzen-Logo zu imponieren. Sein kleines Gesicht war faltig-furchig wie eine Trockenpflaume und er hatte die Wollmütze fast bis zur Nasenspitze gezogen, um Gedanken hinsichtlich seines Haaransatzes gar nicht aufkommen zu lassen. Die schwere Lederleine, die er sich um seinem Hals gehängt hatte, zog ihn leicht in eine vorgebeugte Haltung. Unter der Funktionsjacke zeichnete sich eine riesige Gürteltasche ab, in der er ungefähr 5 Pfund Tiernahrung in Form von winzigen Leckerchen aufbewahrte, die er seinem Schäferhund fortwährend und unaufgefordert ins Maul stopfte.

Das prägnanteste an dem Trainer war aber seine unangenehm durchdringende Stimme. Sein „Travis, Hiiiiiiiiiiieer!"-Ruf durchdringt wahrscheinlich dickere Mauern als Supermans Röntgenblick und ist für seinen vierbeinigen Freund wahrscheinlich noch vernehmbar, wenn er sich beim Gassigehen mal bis nach Köln verlaufen haben sollte.

Der Schäferhund Travis allerdings kommt meinem Idealbild eines folgsamen, charakterstarken Hundes verdammt nahe und so war ich denn guten Mutes. Hunde scheinen völlig unkritisch gegenüber dem Erscheinungsbild ihres Herrchen zu sein.

Beim zweiten Termin war es dann nicht ganz so kalt und ich hatte Gelegenheit, mir die versammelten Hundefreunde mal anzusehen. Das Gros waren schüchtern und teilnahmslos umherstehende Pärchen, deren halbes Mobiliar und Schuhwerk zerbissen und verdaut worden war und insgeheim darauf hofften, dass im Lehrplan auch ein Kapitel über Psychopharmaka in der Veterinärmedizin oder erlaubten Schußwaffengebrauch für Hundehalter vorkommt.

Zahlenmäßig überrepräsentiert waren auch die stämmigen Emanzen, die allesamt das Buch ”Die Wolfsfrau" gelesen haben und in der Praxis von ihren schlummernden archaischen Anlagen zum Alphaweibchen ziemlich enttäuscht worden sind. Diese Defizite in punkto Wolfsähnlichkeit zu kompensieren war wohl der Hauptgrund ihrer Anwesenheit. Angesichts ihrer grausigen Gestalten und der erschreckend grauen Klamotten hätte ich auch am liebsten wie ein Wolf geheult. Am schlimmsten waren die albernen Multifunktions-Halstücher, die sie sich über den Schädel gezogen hatten und deren zipfelige Enden an ihren Hinterköpfen rumbaumelten wie Nabelschnüre. Selbstverständlich waren sie erheblich bebrillt wie einst der als Großmutter getarnte Märchenwolf und laberten fortwährend irgendwelchen Schwachsinn in die Runde, so dass ich spontan ein Gefühl des Verständnisses für sämtliche Fehlverhalten ihrer Köter erlangte, egal was sie auch getan haben sollten.

Natürlich war – wie überall bei solchen Lehrveranstaltungen – auch die Schweinchen-Schlau-Streberfraktion am Start. Der zweite Kurstag hatte noch nicht ganz begonnen, als das erste Arschloch, das sich natürlich fast auf Tuchfühlung neben dem Oberrüden platziert hatte, schon losquatschte: „Wollen Sie mal sehen? Wir haben geübt, klappt hervorragend." Und ohne eine Antwort abzuwarten, schrie er los: „Paulaaa!". Nix. „Paaaauuuulaaaaa!" Paula schnüffelte an einem Scheißhaufen. „Pauuuullaaaa, hiiiiiier!!" Paula schnüffelte an dem After eines Jack-Russell-Rüden. Nach einem weiterem, heiseren „Paaaauuuuullaaa, kommst du jetzt hier hin! Hieeer! Los!" entfernte sich Paula zügig von dem Gebrülle hinweg hinter einen Grashügel, wo sie wahrscheinlich deutlich ungestörter schnüffeln konnte..

Leider wurde diese glatte Sechs von der Lehrkraft nicht kommentiert und es gab auch keinen Eintrag ins Klassenbuch, aber ich muss sagen, dass mir der Schulbesuch zum erstenmal im Leben richtig Spaß gemacht hat. Habe beschlossen, ausnahmsweise nicht zu schwänzen. Fortsetzung folgt, es sind ja noch ein paar Kurstage bis Coffy so schlau ist wie Kommissar Rex.

7 Comments:

Anonymous Anonym said...

endlich mal wieder nen geistiger erguss mit ordentlichem kaliber. wunderschöne charaktere hast du in die luft gemalt....sehr gut, setzen!
ac

6:24 PM  
Anonymous Anonym said...

endlich mal ein anonym, der dessen wahrheit man sich freudig anschließen mag.
diese schrecklichen schnurrbartweiber haben übrigens nester in hh-ottensen. an ihren gürteln befindet sich das volle programm: handytasche, zippolederetui, maglite, leatherman oder mit bißchen mehr geschmack ein gerber-tool. die speckige bauchtasche rundet das ensemble ab. ich vermute, in diesen taschen ist eine notausgabe von verena steffens "häutungen" oder anja meulenbelts "die scham ist vorbei" und pfefferspray. auf jedem weg ins frauenzentrum lauern ja vergewaltiger wie sau weil ja jeder mann ein potentieller und so.
gib mir einen tag und 10 von denen und ich beweise, dass frauen schlimmer sind als jeder mann. ich glaub ich hab das thema verfehlt.
go coffy go!
p.s.: nicht doch einen mops für uta?

6:59 PM  
Blogger mq said...

Kampf dem Analphabetismus unter Hunden! Die sollen gefälligst Notizen auf dem Küchentisch hinterlassen, wenn sie spazierengehen.

6:44 AM  
Blogger zoee said...

oh gott. eine hundeschule.
das mag ja alles wirklich gut sein und auch sinnvoll sein. mit sicherheit ist eine gute hundeschule für coffy auch eine gute idee. aber man sollte sich die besitzer ganz genau angucken. also die der schule als auch die der hunde.

da kann man prima überraschungen erleben.

3:33 PM  
Anonymous Anonym said...

na dann.. aber tu dir und deinen liebsten einen gefallen und hol die hundeleckerli vorm klamottenwaschen aus den diversen taschen.
das müffelt sonst so auf dauer.
(kampfemanzen wurden auch bereits in kiel-mitte gesichtet, gibts da giftköder für?)

10:48 AM  
Blogger myglobalsoul said...

Danke Steini, ich seh sie gar lebhaft vor mir. Hundeschule finde ich super, der Tutnix und der Hoertnix sind das Grauen.
Deine Mitherrchen klingen irgendwie nach Troedel-kompakt, da finde ich es spontan ganz okay, mich manchmal verdammt weit weg zu fuehlen.

10:14 PM  
Anonymous Anonym said...

Ich hege ja manchmal den Verdacht, dass einige Herrchenmenschen von ihren Tutnixen intellektuell deutlich in den Schatten gestellt werden. Mehr als Revier markieren, Ano-Genital-Bereich beschnüffeln und Rivalen ankläffen können die nämlich auch nicht, alles in leicht sublimierter Form natürlich. In eurer Hundeschule würden die nichtmal aufgenommen.

11:55 AM  

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