Freitag, September 29, 2006

Der schlecht gezeichnete Junge.



Mittwoch nachmittag nach der schönen, aber echt zu kurzen Ausbremse in Malle (ich werd's noch bloggen) wieder in Düssi gelandet und abends mit Inky und Döark nach Kölle gedüst, um im Prime Club den Badly Drawn Boy zu hören und zu sehen. Badly Drawn Boy ist seit langem einer meiner absoluten Lieblingsmusiker und dementsprechend hab ich mich schon mächtig auf das Konzert gefreut. Nachdem das gnädige Kölner Publikum (diesmal angereichert mit mindestens 40% britischen Gästen) die Vorgruppe aka Walter "Schreihals" Schreyvels (New Yorker Singasongwriter mit direkten Vorfahren aus Osnabrück), glücklich gemacht hatte, betrat die Wollmütze auch irgendwann endlich die Bühne.



War schon ein bißchen strange. Die Bandmitglieder guckten regungslos und angespannt auf den Bühnenboden und der deutlich mies gelaunte Mr. Gough betonte schon nach der Begrüßung, dass "this microphone" "fucking rubbish" ist. Völlig angepisst wegen dem nicht zufriedenstellenden Sound unterbrach er dann in Folge jedes Stück nach den ersten drei Takten, um sich erstmal ordentlich auszukotzen. Die grandiosen Songtexte wurden dann auch des öfteren durch ein eingesungenes "fucking sound in here" ergänzt, was auf Dauer irgendwie anstrengend war. Die Band war inzwischen zu Stein erstarrt. Die Sache eskalierte dann, als ein Mädchen während seiner "I really can't enjoy this"-Vorträge wagte, "C'mon, everything is fine - we love you, mate" dazwischenzurufen. Mr. Gough reagierte souverän mit "Oh, fuck off. Imagine how it feels, stupid cunt!" und verließ mit einem "Sorry, good night" die Bühne. Puh.

Zu diesem Zeitpunkt war ich schon längst hundertprozentig davon überzeugt, dass das Schnitzel paniert ist, zumal ich in ihm meine Ex-Mitmusikermimose Duncan, der exakt der gleiche musikalische Antisemit war, wiedererkannt hatte. Aber nach ca. 10 Minuten kam die Band doch tatsächlich zurück und der Badly Drawn Boy rockte los wie die Sau. Wut kann ja manchmal ganz positiv sein. Ich weiß, wir hätten eigentlich protestierend den Club verlassen sollen, aber diese Musik ist einfach zu gut und zu genial.

Abgesehen davon, dass er seinen Künstlernamen besser in "Badly Grown Boy" umändern sollte, war es ein grandioses und auf jeden Fall denkwürdiges Konzert.

Auf dem Rückweg habe ich dann Inkys Bedenken, dass ich nicht in ihrem betagten Kadde-Kombi mitfahren würde, zerstreuen können, weil ich noch einen viel abgerockteren gefunden habe. Köln halt. Normal.

Dienstag, September 19, 2006

Ab dafür.



Ist es wie verhext – jedes mal, wenn ich ein paar Tage in Urlaub fahren will, fallen tausend kleine Teufel über mich her und rammen mir ihre Dreizacke in sämtliche Körperteile. Keine Ahnung, ob das daran liegt, dass ausgerechnet dann immer so viel zu tun ist wenn ich weg will oder ob ich immer erst kurz vorher merke, wieviel unerledigte Dinge ich noch um mich rumverteilt und hin- und hergeschoben habe. Wahrscheinlich von beidem etwas. Na gut, vielleicht von letzterem etwas mehr. OK, einiges mehr.

Aber andererseits: No pain, no gain. Wenn ich heute nacht irgendwann alle Baustellen abgebaut habe, sind die allerletzen Energiereserven verbraucht, und morgen treffe ich mich mit Bob und wir lassen uns eine Woche lang vom spanischen gelben Schwein die Onepacks bescheinen. Langsam freu' ich mich schon fast drauf...

Montag, September 18, 2006

A tribute to Betty Ford.

Was für ein ausgesprochen feines Wochenende. Samstag leider etwas zu lange im eigenen Sud gelegen, weil Achims Party doch ziemlich lang und schmutzig war, aber dafür am Nachmittag, als alle Rentner und Shoppingtouristen wieder auf der Couch lagen, noch eine schöne Runde mit dem neuen Baby gedreht. Ja, ich weiß. Ich hätte mir bis vor ein paar Wochen niemals träumen lassen, dass ich mal eine BMW fahre würde, aber der neue Sportboxer ist einfach zu geil für diese Welt. Genau wie ich. Muaahaha. Abends dann in der Bastelhalle noch einen Bissen Essen vom Grill geschnorrt und schön früh ins Körbchen.



Heute morgen früh aus den Federn und trotz miserabler Wetterprophezeiung und unheilvollem Dunst am Firnament mit Toto und Dana ins Bergische gebraust. Dana ist eine eher zarte Person, aber das Schicksal wollte es, dass ihr Vater eine Hondavertretung in Dresden führt. Töchterchen ist also angefixt vom Zweiradvirus und bewegt souverän eine 1000er Fireblade mit 150 PS und brutal menschenverachtender Sitzposition. Respekt. Aus der angedachten Kurztour ist eine Riesenrunde geworden, da nicht ein einziger Tropfen vom Himmel fiel. Superschöne Tour, das pumpt doch wieder mal eine Familienpackung Glückshormone durch die Adern.



Am Abend dann das motorisierte Zweirad gegen eins ohne Fremdantrieb gewechselt und zu Achim zum Resteessen gedüst. Auf dem Weg musste ich mal wieder feststellen, wie verdammt schön der Rhein in Düsseldorf ist. Trotz Dunst. Der diesbezügliche Hammer kam dann vorhin auf dem Rückweg bei der üblichen Pausenzigarette an meiner Lieblingsstelle. Nach Ringeltauben, Elstern, Eichelhähern, diversen Kleinsingvögeln und einem Rudel brüllender Halsbandsittiche hat sich doch tatsächlich ein Käuzchen in den Bäumen an den Rheinauen niedergelassen. Den plötzlich ertönenden, gruseligen Huuu-Hu-hu-hu-hu-Ruf am Rhein fand ich echt so ungewohnt wie großartig. Wie geil ist das denn? Ich freu mich schon auf das erste Seeadlernest auf dem Funkturm und den ersten Flamingo im Hafenbecken. Was für ein Sommer...

Sonntag, September 17, 2006

Barbie Girls.

Zwei ADSlerinnen auf dem Weg zum großen Ruhm. Ich find's großartig.


Barbie Girls - video powered by Metacafe

Samstag, September 16, 2006

Brot und Spiele.

Leckopfanni, was war das für eine anstrengende Woche. Tagsüber viel Schufterei und abends ebenso viel Gefeiere. Ist natürlich der Idealfall, nur bin ich im Moment mit meiner Kondition ein wenig hinten dran, aber naja.

Montag abend ging die Woche dramatisch los - und zwar bei Sillys Abschied am Flughafen. Puh... Mama, Papa und eine Handvoll nervenstarker Freunde hatten sich am Flughafen versammelt und tapfer ausgeharrt, bis dann Silke etwas aufgelöst tatsächlich durch das Gate schritt, um nach Oz auszuwandern. Ich hatte so ein bißchen das Feeling, als ob sie durch Gefängnistore in den Kahn einfährt. Mami, wie oft noch singen?



Mittwoch war Kundenparty beim Audioversum-Tonstudio. Sehr nett bei denen im Hof. Sascha und Tati waren zwar etwas traurig, dass recht wenige gekommen sind, vor allem, weil sie zum erstenmal Traumwetter zu ihrer Party hatten. Beim Scheißwetter der letzten Jahre war die Bude knüppelvoll. Komisch. So waren also mehr Musikanten und Studiomenschen als Kunden am Start, was der Stimmung natürlich keinen Abbruch tat. Im Gegenteil. Ich finds immer wieder interessant, dass in dieser Branche a) tierisch viel gefeiert wird und b) zu den Kundenparties sämtliche Mitbewerber eingeladen werden. In meiner Branche wäre das undenkbar, das wäre ein Hauen und Stechen. Auf jeden Fall wollte irgendwie keiner nach Hause gehen - ich auch nicht, was ich morgens übel zu spüren bekam.





Donnerstag war ich mal wieder mit Almuth im Kino. Wir haben uns Tom Tykwers "Das Parfüm" angeguckt. Guter Film, ein bißchen zu hippe Darsteller, aber die Atmosphäre kam wirklich sehr gut rüber und die Ausstattung war opulent. Ich hatte beim Zuschauen jede Menge Gerüche in der Nase, was aber auch daran liegen konnte, dass sich Almuth extra für das olfaktorische Kino-Gesamterlebnis ein derbes Wildlederkleid angezogen hatte.

Gestern hat dann mein alter Schulfreund Achim Geburtstag gefeiert. Mann ey, wir kennen uns jetzt annähernd 30 Jahre. Das muss man sich mal vorstellen – und wir haben immer noch eine schöne Jugend. Muaahaha. Achim und sein Bruder Roman sind meiner Meinung nach die großartigsten Köche der Welt, obwohl sie eigentlich gar keine sind. Was die beiden in einer unglaublichen Lässigkeit auf den Tisch schmeißen, ist Italien pur und begeistert mich immer wieder aufs Neue. Wenige, aber gute Zutaten und das Ergebnis ist immer ein Augenschmaus und echter Gaumensex. Die Party war ziemlich lustig, der heilige Michael floß in Strömen, Riese und Till haben zwischendurch die Saiten gequält und über mangelnde optische Reize seitens der weiblichen Partygäste konnte man sich auch nicht wirklich beschweren. Obwohl manchen Mädels nicht ganz klar ist, dass große Klötze alleine kein Kommunikationsmittel sind und Brüste nicht lachen können. Aber vielleicht drücken die Dinger ja auf die Stimmbänder, was weiß ich.












Heute wird mal nicht gefeiert, hoffe ich. Motorradfahren und abends ein bißchen die Wunden lecken wäre ein gutes Programm für diesen Samstag.

Freitag, September 15, 2006

Leistung, die Leiden schafft.



Mein Vater hat immer gesagt "Wahre unternehmerische Freiheit heißt Unabhängigkeit von Banken". Er musste es ja wissen, nach Jahrzehnten der wirtschaftlich stark oszillierenden Selbstständigkeit. Er hat's mir tausendmal vorgebetet, ich hab's tausendmal ignoriert und habe in den letzten Jahren dann oft selbst erkennen müssen, dass man Verträge besser mit dem Satan direkt als mit einer Geschäftsbank abschließen sollte. Der olle Gehörnte mit dem Pferdefuß ist nämlich eindeutig der mildere von beiden. Und weitaus fairer. Der macht einem nämlich nichts vor.

Seither verfechte ich vehement die Etablierung einer funktionierenden Tauschwirtschaft, die sich allerdings in einem Land, dass bald nur noch vom Verkauf von Handyverträgen lebt, nur schwer durchsetzen wird. Das Modell der Lieferantenkredite, das in Italien und England schon seit langen Jahren erfolgreich gelebt wird, ist hier auch recht unbeliebt. Kein Wunder bei dieser unser Insolvenzrate.

Jetzt allerdings geht's diesen Blutsaugern in Nadelstreifen doch langsam an den Kragen: Zopa heißt das Stichwort und ist eine Art Ebay für Kredite. Leute, die was zu geben haben, finden Leute, die kurzfristig nix auf der Naht haben. Bonität wird natürlich vorausgesetzt, aber die Zinssätze sind gut und vor allem kriegen Arschmade Ackermann und seine 40 Räuber nix davon ab. Und es ist ein Anfang. HarHar! Viva la Revolution!

Dienstag, September 12, 2006

Bestimmt schon alt,

aber ich find's lustig.

Montag, September 11, 2006

Vom Kennenlernen und Verabschieden.

Freitag abend hatte ich einen schönen Grund, meiner Lieblingsstadt und Wahlheimat einen Besuch abstatten. Hamburg ist die tollste Stadt Deutschlands und ich dulde da keine Widerrede und lasse auch keinerlei Argumente gelten. Die Hamburger Mädels sind ja eh die besten und was so an Rockerkarren und -bikes dort rumfährt, führt mit Abstand die bundesweite Top-Ten an.




Das ist übrigens Dino, ein Doggen-Bordercollie-Mischling und (nach Carlos + Ammy natürlich) der großartigste Hund, der mich je um ein Stück Frühstücksbrötchen angeschnorrt hat. Hamburger Hunde scheinen auch toll zu sein.

Die Rückfahrt gestaltete sich wegen den ganzen schwulen Rentnern und holländischen Asphaltwarzen etwas zäh, dafür hatte ich ab Osnabrück einen lustigen Hitchhiker im Bus. Stan, der seit Wochen seinem Star Johnny Winter durch die Republik hinterher trampt (wusste gar nicht, dass der alte Saitenquäler-Albino noch unter uns weilt), hatte echt lustige Stories drauf und hat mich mit einem ausführlichen Einblick in das Leben eines professionellen Schnorrers unterhalten.




Abends war ich dann noch zu Sillys Auswander-Abschiedsessen bei ihren Eltern eingeladen. Trotz denkbar traurigem Anlaß ein sehr netter Abend - Sillys Mama hat den Wok kreisen lassen und wir durften alle noch mal große Prise Familyfeeling einsaugen, bevor dieses unstete Wesen morgen die lange Reise ans andere Ende der Welt antritt. Good luck, Kleines, und ich hoffe, dass Du dort schnell Menschen findest, die sich mindestens so doll über deine Ankunft freuen wie wir dich alle vermissen werden.



Freitag, September 08, 2006

Schwarze Früchtchen.



Gestern war ich im Kino, "Adams Äpfel" gucken (Danke, Frau Martha) und hab Almuth dazu akquiriert, weil ich ihr einen ziemlich schrägen Humor attestiere und nur Leute alleine gerne ins Kino gehen, denen man als Kind ein Schnitzel um den Hals binden musste, damit wenigstens die Hunde mit ihnen spielen.

Was ein abgefahrener Streifen, kann ich nur empfehlen: Gute Story, tolle Darsteller, Hammer-Dialoge, wunderschön gefilmt und dabei sooo bitterböse, sooo megabrutal und gleichzeitig sooo saukomisch. Reingehen, Leute - nicht verpassen oder die "ich-warte-bis-der-auf-DVD-kommt-Gähnnummer" durchziehen. Läuft in allen guten Programmkinos, support your local cinema.

Hinterher noch bester Laune in der roten Laterne ein paar Caipis inhaliert, voll verquatscht, und dann Almuth, die unter einer Taxiphobie leidet, zu Fuß nach Hause zum Arsch der Welt gebracht und dann mitten in der Nacht quer durch die Stadt in die Zivilisation zurück geradelt. Moin, Chef...

Donnerstag, September 07, 2006

Harte Zeiten brechen an.

Auszug aus einer Partyeinladung, die ich bekommen habe:

Wieder zurück.



Gestern abend habe ich zwei alte Freunde wiedergetroffen. Zum einen Emmi, den ich seit unserer Bandauflösung mehr oder weniger aus den Augen verloren hatte und zum anderen den Sommer, der uns einen netten Abend draußen vorm Cafe Luso spendiert hat. Beide hatte ich ziemlich vermisst und wir drei hatten eine wirklich schöne Zeit. Emmi hat lustige Geschichten aus China erzählt, wo er sich gerade für längere Zeit aufgehalten hatte, um für die Fifa Werbemittel zu produzieren und dabei haben wir eine leckere Fisch-Cataplana für 2 Personen verschlungen.



Anschließend noch für einen Absacker in die Trinkhalle - netter neuer Laden, deren Besitzern ich wirklich wünsche, dass ihnen das Ordnungsamt nicht direkt wieder die Türen dicht macht und dann mit dem Motorrad durch die laue Nacht nach Hause. Mehr solche Abende, bitte. Danke.

Mittwoch, September 06, 2006

Die geniale Lösung.

Ich hab mich gerade hier am Schreibtisch vor Lachen rumgekugelt. Seit Wochen steht bei mir im Laden ein schöner Flatscreen rum, der eigentlich an einen älteren Apple G4 angeschlossen werden sollte. Dieser G4 hat aber nicht die passende, digitale Onboard-Grafikkarte, daher sollte eine kleine Zusatzkarte eingebaut werden. Soweit so gut, so einfach. Diese verf****te Karte sollte erst sofort lieferbar sein, dann im Lieferrückstand sein, dann nur noch bei einem einzigen Händler erhältlich sein und gestern habe ich dann erfahren, dass die Karte ausverkauft sei und nicht mehr produziert werden würde. Im gleichen Atemzug meinte aber der Verkäufer, dass er noch eine prima alternative Lösung hätte und mir diese per Mail schickt.

Diese Mail kam gerade. Festhalten: Als Lösung meines Bildschirmproblems hat er mir den Kauf eines flammneuen Mac Pro Quad Xeon 2.66 Ghz Rechners angeboten. Für schlappe 2.295,00 Bucks. Wenn das mal nicht eine intelligente, geniale Lösung ist. Der Bildschirm passt da ja auf jeden Fall dran. Wär ich gar nicht drauf gekommen.

Ich habe ihm zurückgeschrieben, dass ich auch eine Alternative hätte. Ich schicke ihm den Flatscreen zurück und schließe den alten Fussballmonitor wieder an. Arschloch.

Dienstag, September 05, 2006

Der Trashman.

Ich fürchte, ich werde mir mal neue Spiegel kaufen müssen. Gleich zwei Stück, einen für's Klo und einen für das Badezimmer. Die scheinen beide kaputt zu sein. Das Glas ist zwar in Ordnung, aber sie spiegeln nicht mein vollständiges Bild ab. Anscheinend sehe ich nämlich das Schild auf meiner Stirn nicht, auf dem geschrieben steht: "Los, Arschloch, erzähl mir alles, was dich bedrückt. Ich habe jede Menge Zeit und Du bist mir der wichtigste Mensch auf der Erde!"

Keine Ahnung, was ich tue, dass mir jeder Penner seine tausendfach durchkauten Alltagsproblemchen, die ihm gärend in der Backentasche schwimmen, vor die Füße rotzt.

Heute morgen zum Beispiel: Ich gebe meinen VW-Bus in der Werkstatt ab und latsche - schlau wie ich bin - direkt in das fensterlose Räumchen des Werkstattwagenbeauftragten rein, um mir vor allen anderen einen fahrbaren Untersatz zu schnappen. Das Männlein, das anscheinend zu blöd ist für sämtliche andere Aufgaben, die sonst in einem Autohaus so anfallen könnten, rotiert sichtlich überfordert wie ein Brummkreisel um die eigene Achse, während ständig einer hereinkommt und ihm Zettel auf einen riesigen Haufen legt, das Telefon schellt und er versuchen muss, nicht vorhandene Ersatzwagen in Nullkommanix auf den Hof zu kriegen, auf dem schon 20 Kunden ungeduldig auf ihre Karren warten.

Um ihn ein wenig aufzuheitern, sage ich also zu ihm: "Sie haben da einen echten Scheißjob, ich würde mich erhängen, wenn ich diesen Mist machen müsste." Zack. Als hätte ich ihm die Luft rausgelassen, sackt der Kerl augenblicklich in seinem durchgeschwitzen Bürostuhl zusammen, schlägt die Hände vor das Gesicht und seihert mir 15 Minuten die Ohren voll, wie kacke doch alles ist, bevor er mir endlich sichtlich befreit einen Schlüssel in die Hand drückt.

Das kann doch nicht wahr sein. Dauernd passiert mir sowas. Die Dicke an der Käsetheke mit dem schmerzenden Tennisarm, die frustierte Nachbarin mit der halbwüchsigen Tochter, die ihr was scheisst, der scheintote Verkäufer im Reifenladen, der - keine Ahnung wie - besoffen eine 20jährige geschwängert hat und, und, und. Alles Typen, die mich den Dreck unterm Fingernagel interessieren, die ich nicht kenne und auch nicht kennenlernen will.

Liegt es vielleicht daran, dass ich die Menschen mit einem Lächeln begrüße? Soll ich in Zukunft lieber wie alle anderen auf den Boden glotzen, während ich grußlos mein Anliegen herausknurre? Oder sollte ich den Leuten direkt in den Arsch treten, sofern mich keine Theke oder Tresen von ihnen trennt?

Nee, ich glaube nicht. Aber wenn ich in Zukunft nicht immer die Mülltonne geben will, muss ich wohl schneller reagieren und meinem Gegenüber direkt den Saft abdrehen. Ich werde das üben. Freu mich schon auf den nächsten Kaputten, davon gibt's ja jede Menge.

Der oszillierende Lockenkopf.

Heute morgen auf dem Highway habe ich festgestellt, dass ich niemals eine Frau lieben könnte, die auf freier Strecke in einem Kilometer Abstand zum Vordermann mit einem Geschwindigkeitsüberschuß von 3 km/h zum Überholen ansetzt.

Montag, September 04, 2006

Der Mann, der nicht gehen konnte.



Es ist schwer zu sagen, wann genau das Hirngespinst, das in seinem Kopf herumspukte, zu einer fixen Idee wurde und Besitz von seinem Leben nahm. Sicherlich war es an einem dieser sonnigen Nachmittage im baumreichen Park der Klinik, an denen er sich die Zeit damit vertrieb, die Vögel am Himmel zu beobachten und zu warten, bis wieder eins der Tiere den Anflug auf die Wipfel der alten Kastanie unternahm. Und wahrscheinlich war es der Nachmittag, an dem ihm die Ärzte mitteilten, dass sie eine erneute Operation vornehmen werden müssen und er auch das letzte, für eine Prothese verwendbare Stück seiner Oberschenkel verlieren würde.

Er damals 34 Jahre alt und konnte auf eine atemberaubende Karrerie in der Luftfahrt zurückblicken. Schon in frühester Jugend hatte er das Fliegen gelernt und in seiner Dienstzeit bei der Luftwaffe war er der jüngste Pilot, den die Bundeswehr jemals ins Cockpit eines Kampfjets gesetzt hatte. Nachdem ihm bewußt geworden war, dass ihn die Ausübung seiner größten Leidenschaft dazu bringen könnte, unschuldige Menschen zu töten, quittierte er seinen Dienst und absolvierte in Rekordzeit das Ausbildungsprogramm zum Kapitän eines Passagierflugzeuges.

Es war eine fantastische Zeit. Im Gegensatz zu seinen Pilotenkollegen sollte er nicht lange gröhlende Touristengruppen an ferne Strände und abgeklärte Geschäftsleute zu deren Auslandsterminen fliegen müssen. Er war eloquent, gebildet, beherrschte fließend fünf Sprachen und sah umwerfend aus. Ein großer Junge mit strubbeligen, brauen Haaren und einem Lachen, das sein Gegenüber automatisch die Sonne in das Gesicht zauberte - so als ob er von seinen Flügen einige Strahlen mitgebracht hätte. Er war 1,92 m groß, sehnig-athletisch und hatte den Gang einer Raubkatze. Es war kein Wunder, dass ihn seine Airline mehr und mehr für ihre Öffentlichkeitsarbeit einsetzte und seine Arbeit fortan darin bestand, hochgestellte Persönlichkeiten durch die Welt zu fliegen und PR-Filme zu drehen. Doch dies wäre nicht das Ende seiner Karriereleiter gewesen. An jenem nebligen Herbstmorgen war er auf dem Weg zu einem Gespräch im Ministerium für Luft- und Raumfahrt, als der dänische Sattelschlepper seinen Triumph Stag fast ungebremst durch die Mittelleitplanke katapultierte und ihm das Armaturenbrett die Beine zerquetschte.

Es muss wieder einer diesen Sommertage gewesen sein, an denen einen die Luft wie mit einer flauschigen Decke einhüllt und sich Körper und Seele so wunderbar leicht anfühlen. An diesem Tag wurde ihm bewusst, dass er mit seinen Beinen nicht nur die Fähigkeit zum Laufen, Tanzen und zum Küssen eines Mädchens im Stehen verloren hatte, sondern auch ein Drittel seines Körpergewichtes. Und an eben diesem Tag fasste er den Entschluß, wieder fliegen zu können.

Die Versicherung des dänischen Spediteurs hatte sich großzügig gezeigt und zusammen mit der Invalidenrente und den Entschädigungen seiner Unfallversicherung verfügte er über erhebliche finanzielle Mittel. Diese Gelder und seine Kontakte zur Luftfahrtindustrie nutze er für die Entwicklung und Herstellung von Kohlefaserelementen, die im Aufbau den Schwung- und Steuerfedern der Vögel nachempfunden waren. Er vertiefte seine ohnehin fundierten Kenntnisse in Aerodynamik und studierte wie besessen die Geheimnisse und die Schönheit des Vogelflugs. Er konstruierte künstliche Handschwingen, die es ihm mittels einem filigranen Aramid-Faser-Geflechts ermöglichten, die einzelnen Federfahnen beim Abschlag zu schließen und beim Aufschlag zu öffnen, um sich nicht selbst wieder nach unten zu drücken. Diese Steuerung würden seine Finger übernehmen – die Steuerung der Schwanzfedern, die aus hauchdünnen Kohlefaserplatten nachgebildet wurden und als Höhenruder dienten, würde er durch Kopfbewegung bewerkstelligen.

Parallel arbeitete er an seinem Körpergewicht und seinem persönlichen Leistungsvermögen. Die Energieeffizienz würde das größte Problem bleiben. Er war immer schon extrem schlank und stark gewesen, aber das würde bei weitem nicht reichen. Täglich ließ er sich ins Hallenbad bringen und absolvierte mit einer Auftriebshilfe an seinen Beinstümpfen 25 km in einem Delphin-ähnlichen Schwimmstil, der dem Bewegungsmuster beim Flügelschlag am ähnlichsten kam. Er ernährte sich extrem kontrolliert und brachte somit seinen Körperfettanteil auf knapp unter 3%. Es wäre wahrscheinlich noch weniger geworden, wenn er sich nicht einmal in der Woche zwei Scheiben frisches Brot mit der groben Bauernleberwurst aus der Heimat seines Vaters gegönnt hätte. Ein kleiner Genuss, auf den er nicht verzichten wollte. Er trainierte hart und ausdauernd mit wenig Gewichten, um nicht zuviel, aber dafür effektive Muskelmasse aufzubauen. Er wusste genau, dass er nur sehr wenig im Gleitflug bleiben konnte und der Ruderflug seine Energie in Rekordzeit verbrennen würde. Allein das Erheben vom Boden würde unmenschliche Kräfte erfordern.

Seine Wohnung und Werkstatt ließ er mit Deckenseilen durchziehen und er schaffte es nach einiger Zeit des Trainings, sich komplett aus dem verhassten Rollstuhl zu lösen. Er bewegte sich jetzt nur noch mit der Kraft seiner Arme und Hände durch sämtliche Räume – in einer Geschwindigkeit, die es den wenigen Besuchern schwer machte, ihm zu folgen.

Als seine fünf Meter langen, nur 400 Gramm leichten Schwingen in mühevoller Handarbeit fertiggestellt waren, waren neun Jahre vergangen. Sein Körper wog jetzt nur noch 26 Kilo.

Es war ein sonniger, warmer Nachmittag im Park, an dem ein paar Spaziergänger einen merkwürdig aussehenden Rollstuhlfahrer beobachteten, der auf einem Anhänger etwas riesiges hinter sich her zog. Er schaute in den Himmel, beobachtete die amboßartigen Wolkenformationen und wusste, dass die Thermik günstig war. Wie schon tausendmal geübt, vervollständigte er seinen amputierten Leib mit den schwarz-glänzenden Flügeln, schloß die Augen und bewegte seine sehnigen Arme.

Eine Moment später öffnete er die Augen und sah nicht weit neben sich einen Schwarm Tauben, die die letzten Sonnenstrahlen des Tages für einen Rundflug nutzten. Trotz der Anstrengung, die es ihn kostete, Höhe gewinnen, fühlte er sich so leicht und frei wie niemals zuvor seinem Leben und begann zu weinen.

Die Vögel hatten schon ihr Nachtquartier aufgesucht und die Sonne verlor ihre Kontur und tauchte den Fluß in ein warmes Rot, als er vor Entkräftung das Bewusstsein verlor und der erste Mensch, der fliegen konnte, auf den harten Beton der Uferbefestigung aufschlug.

Erstochen vom Rochen.

Den Croc Hunter hat's erwischt. Wer kannte nicht den lustigen Mann, der einem so viele unterhaltsame Stunden beschert hat, indem er auf Krokodilen rumgeturnt ist oder Schlangen fing, während man selbst Sonntag mittag völlig verkatert auf der Couch chillte und auf den Sonnenuntergang wartete. Sein Markenzeichen waren das Khaki-Hemdchen und Khaki-Shorts, und bei allem Verständnis für seine Passion und allem Mitleid mit den Hinterbliebenen: Vielleicht hätte er noch den passenden Sonnenhut dazu anziehen sollen. Ein Stingray ist halt kein altersschwaches und sattes Krokodil und die australische Sonne kann einem wohl auch das Hirn versengen. Ansonsten käme wohl keiner auf Idee, so einem Tier hinter her zu schwimmen und es damit in Bedrängnis zu bringen. Ich persönlich empfand die Dinger unter Wasser bedrohlicher als Haie.

Steve Irwin wurde bei Unterwasseraufnahmen am Great Barrier Reef von einem Stachelrochen tödlich ins Herz getroffen.

Samstag, September 02, 2006

Der Überfall.

Er war vorbereitet. Lange Zeit hatte er damit verbracht, sich zu stärken und die Schutzfunktionen seines Körpers auf eine Leistungsstufe zu stellen, die er vorher niemals zu erreichen gedacht hatte. Er hatte einen Panzer um sich herum geschaffen und dieser würde ihn, in Verbindung mit seinen trainierten Reflexen, im Kampf nahezu unverwundbar machen. Doch der Schmerz packte ihn unerwartet und allumfassend.

Es war nicht der brennende Schmerz, wenn man mit einem scharfen Messer verletzt wird. Auch nicht der dumpfe, dröhnende Schmerz eines Knochenbruchs, den man für einen Moment lang austricksen kann, wenn man sich nicht bewegt und den Atem anhält. Nicht der pochende, tief liegende Entzündungsschmerz, der einen mit dem Kopf vor die Wand schlagen lässt und nur durch das Zufügen anderer Schmerzen zu lindern ist. Er war eher vergleichbar mit den Schmerzen, die man bei einer heftigen Kolik der inneren Organe erleidet und einen in Krämpfen winden und schreien lässt. Aber er hatte kein Fieber und der Schmerz war nicht so stark. Und er war nicht zu lokalisieren. Er war einfach überall.

Der Schmerz schmiegte sich wie hautenger Anzug um seinen ganzen Körper und schnürte ihn langsam ein. Er lähmte seine Arme und Beine und hinderte ihn daran, tief zu atmen. Er griff wie eine Zange an seine Schläfen und lenkte seinen Blick in eine einzige Richtung. Er verlangsamte seine Gedanken, ließ seine Hilferufe verstummen und ergriff sein Herz fest wie eine eiserne Faust.

Er wehrte sich nicht, weil er wusste, dass er verloren hatte und der Kampf sinnlos sein würde. Er beschloss, den Schmerz als Teil seines Überlebens zu akzeptieren und ihn deutlich sichtbar nach außen hin zu tragen. Wie die Narbe einer schweren Verletzung, die man nicht vergessen will. Zumindest an dieser Stelle würde der Schmerz nicht erneut eindringen können.