Samstag, September 02, 2006

Der Überfall.

Er war vorbereitet. Lange Zeit hatte er damit verbracht, sich zu stärken und die Schutzfunktionen seines Körpers auf eine Leistungsstufe zu stellen, die er vorher niemals zu erreichen gedacht hatte. Er hatte einen Panzer um sich herum geschaffen und dieser würde ihn, in Verbindung mit seinen trainierten Reflexen, im Kampf nahezu unverwundbar machen. Doch der Schmerz packte ihn unerwartet und allumfassend.

Es war nicht der brennende Schmerz, wenn man mit einem scharfen Messer verletzt wird. Auch nicht der dumpfe, dröhnende Schmerz eines Knochenbruchs, den man für einen Moment lang austricksen kann, wenn man sich nicht bewegt und den Atem anhält. Nicht der pochende, tief liegende Entzündungsschmerz, der einen mit dem Kopf vor die Wand schlagen lässt und nur durch das Zufügen anderer Schmerzen zu lindern ist. Er war eher vergleichbar mit den Schmerzen, die man bei einer heftigen Kolik der inneren Organe erleidet und einen in Krämpfen winden und schreien lässt. Aber er hatte kein Fieber und der Schmerz war nicht so stark. Und er war nicht zu lokalisieren. Er war einfach überall.

Der Schmerz schmiegte sich wie hautenger Anzug um seinen ganzen Körper und schnürte ihn langsam ein. Er lähmte seine Arme und Beine und hinderte ihn daran, tief zu atmen. Er griff wie eine Zange an seine Schläfen und lenkte seinen Blick in eine einzige Richtung. Er verlangsamte seine Gedanken, ließ seine Hilferufe verstummen und ergriff sein Herz fest wie eine eiserne Faust.

Er wehrte sich nicht, weil er wusste, dass er verloren hatte und der Kampf sinnlos sein würde. Er beschloss, den Schmerz als Teil seines Überlebens zu akzeptieren und ihn deutlich sichtbar nach außen hin zu tragen. Wie die Narbe einer schweren Verletzung, die man nicht vergessen will. Zumindest an dieser Stelle würde der Schmerz nicht erneut eindringen können.

5 Comments:

Anonymous Anonym said...

In jedem Schmerz liegt auch ein Neuanfang. Es ist ein süsser Schmerz, auch wenn er für einen Moment lähmend erscheinen mag, er öffnet andere Türen, die manchmal viel intensiveres hervorrufen, als das vorherige. Wer sich hinter Schmerzen versteckt, sie als Schild vor sich herträgt, nimmt sich selbst die Möglichkeiten auf neue Erfahrungen.

12:13 PM  
Blogger mq said...

Beim Lesen kann man es fühlen ... sehr plastische Beschreibung der verschiedenen Schmerzarten. Und am Rande: Weiterhin gute Besserung in Sachen rechte Hand, Jonge.

3:18 PM  
Blogger Der dicke Mann said...

Jaja. Wie sagte schon einer meiner Lehrer:
"Wenn sich die Frau von einem trennt, das ist schmerzlich. Aber wenn einen die Freundin verlässt ... das geht richtig tief 'rein!"

4:05 PM  
Blogger Singamoebe said...

Diese Narben zeigen, du lebst und damit bist du reicher, als manch anderer.

11:15 PM  
Blogger Kühles Blondes said...

auch wenn ich jetzt bestrebt bin "oooh, armer steini" zu sagen...irgendwie muß ich die ganze zeit an nicki lauda denken *g

11:27 AM  

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