Freitag, September 29, 2006

Der schlecht gezeichnete Junge.



Mittwoch nachmittag nach der schönen, aber echt zu kurzen Ausbremse in Malle (ich werd's noch bloggen) wieder in Düssi gelandet und abends mit Inky und Döark nach Kölle gedüst, um im Prime Club den Badly Drawn Boy zu hören und zu sehen. Badly Drawn Boy ist seit langem einer meiner absoluten Lieblingsmusiker und dementsprechend hab ich mich schon mächtig auf das Konzert gefreut. Nachdem das gnädige Kölner Publikum (diesmal angereichert mit mindestens 40% britischen Gästen) die Vorgruppe aka Walter "Schreihals" Schreyvels (New Yorker Singasongwriter mit direkten Vorfahren aus Osnabrück), glücklich gemacht hatte, betrat die Wollmütze auch irgendwann endlich die Bühne.



War schon ein bißchen strange. Die Bandmitglieder guckten regungslos und angespannt auf den Bühnenboden und der deutlich mies gelaunte Mr. Gough betonte schon nach der Begrüßung, dass "this microphone" "fucking rubbish" ist. Völlig angepisst wegen dem nicht zufriedenstellenden Sound unterbrach er dann in Folge jedes Stück nach den ersten drei Takten, um sich erstmal ordentlich auszukotzen. Die grandiosen Songtexte wurden dann auch des öfteren durch ein eingesungenes "fucking sound in here" ergänzt, was auf Dauer irgendwie anstrengend war. Die Band war inzwischen zu Stein erstarrt. Die Sache eskalierte dann, als ein Mädchen während seiner "I really can't enjoy this"-Vorträge wagte, "C'mon, everything is fine - we love you, mate" dazwischenzurufen. Mr. Gough reagierte souverän mit "Oh, fuck off. Imagine how it feels, stupid cunt!" und verließ mit einem "Sorry, good night" die Bühne. Puh.

Zu diesem Zeitpunkt war ich schon längst hundertprozentig davon überzeugt, dass das Schnitzel paniert ist, zumal ich in ihm meine Ex-Mitmusikermimose Duncan, der exakt der gleiche musikalische Antisemit war, wiedererkannt hatte. Aber nach ca. 10 Minuten kam die Band doch tatsächlich zurück und der Badly Drawn Boy rockte los wie die Sau. Wut kann ja manchmal ganz positiv sein. Ich weiß, wir hätten eigentlich protestierend den Club verlassen sollen, aber diese Musik ist einfach zu gut und zu genial.

Abgesehen davon, dass er seinen Künstlernamen besser in "Badly Grown Boy" umändern sollte, war es ein grandioses und auf jeden Fall denkwürdiges Konzert.

Auf dem Rückweg habe ich dann Inkys Bedenken, dass ich nicht in ihrem betagten Kadde-Kombi mitfahren würde, zerstreuen können, weil ich noch einen viel abgerockteren gefunden habe. Köln halt. Normal.

4 Comments:

Anonymous Anonym said...

Der Junge ist halt nicht nur schlecht gezeichnet sondern auch schlecht abgemischt und, wie man sieht, schlecht fotografiert. Mancher bekommt wirklich das volle Programm. Aber die Damons Platten finde ich auch klasse.
(Ich wünschte, ich könnte auch einfach so von der Bühne gehen und die Kunden äääh das Publikum beschimpfen, wenn's mal nicht so läuft…)

3:02 PM  
Blogger mq said...

Publikumsbeschimpfungen akzeptiere ich nur von Klaus Kinski. Und der weilt leider nicht mehr unter uns. Auf einem Konzert von Moby in der Frankfurter Batschkapp hat der Kerl sich erdreistet, nach jedem Stück einen zehnminütigen Vortrag über vegetarische Ernährung abzulassen und Fleischesser zu beschimpfen. Ich bin nach vier Stücken gegangen, obwohl die Mucke gut war und ich selbst Vegetarier bin.

9:05 PM  
Blogger Der_grosse_Transzendentale_Steini said...

@mq: Du hast völlig recht. In diesem Fall hat er sich aber selber angepöbelt. Und nur auf den Zwischenruf leicht überreagiert, das ist noch ok. Bei Joe Jackson vor zig Jahren bin ich auch gegangen, weil ich keinen Bock auf erzieherische Maßnahmen hatte.

3:00 PM  
Blogger neo_vi said...

ein wirklich lesenswerter blog.
frantisek

3:47 AM  

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