Dienstag, September 25, 2007

Altmännersommer.

Der diesjährige Sommer hatte ja keine besonderen Highlights für uns vorbereitet. Keine einzige tropische Nacht, in der man am liebsten nackt im Liegestuhl auf dem Balkon übernachtet hätte, keine lange Schönwetterperiode ohne einen Gedanken an die Wettervorhersage für den nächsten Tag und ohne Grillfleischverknappung im Supermarkt. Den letztjährigen Bewusstseinswandel, dass Deutschland ja doch ein ganz schönes Urlaubsland ist, hat man direkt wieder verdrängt.

Darum war es umso schöner, dass uns am allerletzten Tag des Sommers doch noch eine nette Entschädigung vergönnt wurde. Unser Jungswochenende mit Jörn, Torge, Lutz, KC, Rudi und mir auf Lutzens Rosemarie wurde von strahlender Sonne und milder Luft begleitet.

Mittags gings los und ich hab mal wieder gemerkt, dass man sich nirgendwo so sehr entspannt wie auf einem Schiff, Blick auf's Wasser, sanft schaukelnd und von der warmen Sonne beschienen. Mit dem Effekt, dass ich irgendwann sabbernd und schnarchend für zwei Stunden eingeschlafen bin.

Die Schleusen waren mal wieder ein Hindernis - wir wollten die Zeit, bis wir mal mit einem Berufsschiff durchrutschen können, nicht mit im-Kreis-tuckern verbringen. Irgendwann werden wir aber mal eine lange Tour mit der Rosi machen, vielleicht sogar bis nach Rügen, dann gibt's Schleusen satt. Aber auch so war es schön chillig:






Am späten Nachmittag wurde an Land der Grill angefeuert. Carlos, der feige Sack, traut sich nicht zu, an Land zu springen und muss als Schiffshund noch einiges lernen - zum Beispiel von der schlauen Chica. KC hat zur Überbrückung mal ein paar nette Canapees zubereitet.











Dieses solargetriebene Boot ist von Erwerbslosen zusammengedengelt worden. Die Formgebung ist allerdings wenig streamline und lässt stark zu wünschen übrig. Dr. Ing. KC dazu: "Nen Pinguin haben die wohl auch noch nie gesehen".



DIe Nacht war natürlich gnadenlos lustig und gleichermaßen gesundheitsschädlich.



Am frühen Morgen, als wir alle noch im Tiefschlaf lagen, wurde Lutz von der Wasserschutzpolizei geweckt - Kontrolle der Schiffsausrüstung. 4 leere Kästen Bier waren auf jeden Fall schon mal vorhanden. Die Schmiere ist zum Glück erst noch mal abgezogen und kam etwas später wieder. Ich vermute, dass denen schön schlecht geworden ist, als sie die Überbleibsel der Nacht gesehen haben.



Dank an Lutz für das schöne Wochenende. Schon toll, wie leicht und schnell sich die Tiefenentspanntheit mancher Menschen auf andere überträgt. Bin dafür, den Weser-Datteln-Kanal in Shangri-La-Kanal umzubenennen.

Donnerstag, September 20, 2007

Zweirad-Perle.

Gestern habe ich doch tatsächlich eine sensationelle Entdeckung gemacht. Ich starre so auf meinen Bildschirm und auf einmal denke ich „Hey, was ist los?". Etwas hatte mich irritiert. Ein leichter Seitenblick nach links und dann sah ich, was meine Konzentration unterbrochen hatte. Diesen sagenhaften Erlkönig hatte man heimlich am Ende unseres Firmenhofes geparkt:



Ein Meisterstück des Fahrzeugbaus, ein kinetisches Juwel! Für diesen Prototyp muss ein Mathelehrer-Liegefahrrad, ein 70er-Jahre Bonanzabike, ein BMX von OBI, eine Gartenschubkarre und eine 96er Honda Goldwing Pate gestanden haben. Ein wunderbares Modell für alle, die die weite Welt erkunden wollen, weil ihr Arsch ja auch schon so richtig weit offen steht.

Und ich hatte noch mehr Glück: Während meine Blicke noch schwelgend über die prächtige Beflaggung, das voluminöse Topcase und die 3,50 Meter lange Antriebskette schweiften, erschien der stolze Erbauer auf der Bildfläche, schwang sich elegant auf seinen Baron der Fussgängerzonen und schepperte souverän zum Hoftor hinaus in das nächste, fantastische Stadium der Demenz.





Ich konnte ihm nur noch einen kurzen Gruß hinterherrufen: „Lass brennen, crazy Bikerboy! Du bist Deutschland! Ride free und vergiß bloß deine Pillen nicht.“

Mittwoch, September 12, 2007

Ja, wo laufen sie denn?



Liebe Geschlechtsgenossen! Wenn ihr das nächste mal eurer Ehefrau erzählt, dass ihr dringend zu einem Businessmeeting nach Korea fliegen müsst, und dieses Meeting aber statt dessen entre-nous in einem schnuckeligen Pariser Hotel mit der hübschen Arbeitskollegin stattfindet, denkt besser daran, in der Stadt der Liebe das Handy auszuschalten. Und zwar die ganze Zeit.

Das gleiche gilt natürlich auch für die Damen: Ihr müsst ja nicht die wilden Erlebnisse mit dem jungen Musiker sofort der Freundin – mit der ihr angeblich den ganzen Nachmittag shoppen wart – ins Telefon plappern. Das kann warten, bis ihr zu Hause seid.

Denn jetzt kann man seinen Partner oder sonst wen über sein Handy orten und beobachten – Google Earth, GPS und GSM machen es möglich. Sogar völlig kostenfrei.

Probiert's doch mal aus: Trackyourpartner

Dienstag, September 11, 2007

Träningslager - Teil 6

Abschließend möchte ich noch kurz die netten Menschen vorstellen, mit denen ich eine Woche im selben Gebäude verbringen durfte.

Als erstes meine gute neue Freundin, die Streichholzoma, mit der ich ja „so" bin: XX. Hier sieht man sie bei ihrer viertliebsten Tätigkeit - in der Sonne dösen:




Und hier bei ihrer drittliebsten Tätigkeit: eine schöne Selbstgedrehte auf Lunge durchpfeifen (man beachte die _zwei_ Körbe vor ihrer Liege - gefüllt mit Esswaren, Fluppen und Handyakkus):



Ihre liebsten und zweitliebsten Tätigkeiten sind Essen und Telefonieren (ohne Abbildung).

Dieses sommerlich dekorierte Spanferkelchen ist ihre Enkelin, die man in ca. 5 Jahren auf RAI Uno als den dicksten und dämlichsten Teenager Italiens bestaunen kann.



Die einzige, die ihrer Krönung zur Speckkönigin gefährlich werden könnte, ist ihre kleine Schwester. Noch kann man es nur ahnen, aber die Anlagen sind vorhanden, da bin ich sicher. Die Frau Mama erreichte merkwürdigerweise nicht die nötige Qualifikation und Mindestgewicht.




Mein absoluter Liebling aber ist dieser muntere Hawaiianer:



Ich kenne seinen Namen nicht und hab ihn einfach mal Frank genannt ("Fränkie"), weil ich denke, dass das ein guter Name für solch einen Spaßvogel ist. Fränkie verfügt über eine reiche Auswahl an Batik-Shirts, bunten Hemden und gestreiften Hosen in der Art wie abgebildet und wer erkannt hat, dass Fränkie eine Kermit-Tasche über der Schulter hängen hat, verdient meine Hochachtung. Fränkie sieht recht harmlos aus, lacht aber ständig und grundlos vor sich hin und das hat mir Angst gemacht. Seine Frau wirkt äußerlich recht normal, bin mir aber sicher, dass sich während einer kurzen Unterhaltung schnell heraus gestellt hätte, dass sie die Kermit-Tasche innerlich bei sich trägt.

Wonach sich Fränkie so interessiert herunterbeugt (und dabei lacht),...



...ist dies hier:



Das ist Asterix, eine Art Insekt mit borstigem Fell. Asterix kommt die ganze Liebe von Fränkie und seiner Partnerin zuteil und ist das Zentrum ihrer Kommunikation. Er hängt ständig an einer Automatikleine mit einem Griff, der größer ist als er selbst. Wer das für übertrieben hält, weiß nicht, dass Asterix ein hinterhältiger, durchtriebener und brutaler Angstbeißer ist. Eine nette ältere Schweizerin, die ihn fatalerweise streicheln wollte, hat er grundlos angefallen und fertig gemacht. Allerdings war ich dadurch auf einen heimtückischen Angriff vorbereitet und hätte Schnappi mit einen Arschtritt auf den Gipfel des Ortlers befördert.

Das war es aus meinem Träningslager. Wenn zufällig jemand ein kleines Hotel in Norditalien kennt, in dem man ein bißchen Sport machen und schwimmen kann, aber nicht einen Wellness-Tempel und Haute Cuisine mitbezahlen muss und sich der Alterdurchschnitt der Gäste unter 72 Jahren bewegt, wäre ich für eine Information sehr dankbar.

Freitag, September 07, 2007

Träningslager - Teil 5

Nun bin ich schon wieder einige Tage im nasskalten Deutschland, aber einen kleinen Reisetipp für Motorradfahrer hätte ich noch.

Da ich standortgebunden in einem Hotel war (was man bei einer guten Motorradtour eigentlich nicht macht), hatte ich Gelegenheit, mal die ganzen schönen, im Berg endenden Sackgassen abzufahren (was macht eigentlich nie macht).

Die erste Strecke kannte ich allerdings schon - von der SS38 bei Naturno hoch ins Schnalstal (Sénales). Im Prinzip ist das eine Bergrennstrecke erster Güte. Keine engen Kehren, griffiger Asphalt und alles sehr gut einzusehen. Was mich gewundert hat: Als ich 2001 dort war, war nach 20 km bei Madonna di Sénales ("Unsere liebe Frau in Schnals") am Stausee Ende der Strecke und dort stand nur ein Gasthof mit einer tollen Sonnenterrasse. Jetzt war dort schon alles dicht bebaut und die Straße ging noch mal 15 km weiter den Berg hoch bis Kurzras. Nomen est omen: Kurze Rast und wieder runterbrettern. Anscheinend wird in Südtirol genauso fleißig gebaut wie in Gran Canaria.



Danach habe ich eine neue Traumstrecke entdeckt. Ebenfalls von der SS38 bei Coldrano (Goldrain) ins Martelltal hoch zur Alm. So etwas geiles bin ich lang nicht mehr gefahren. Ca. 25 km langer Weg mit 38 Kehren – so viele wie am Stilftser Joch – und unzähligen schönen Kurven, alles sehr abwechslungsreich und an einem schönen See vorbei.





Oben auf der Almhöhe habe ich die beste Grillwurst ever vertilgt.



Abends dann noch ein letztes Bier in meiner Lieblingsbar in Latsch. In Deutschland versucht man immer verzweifelt, den Straßenverkehr aus den Zentren weg zu bekommen, in Italien ist es genau umgekehrt: Die nettesten Bars werden in jedem Dorf genau dort eröffnet, wo man meisten los ist - große Kreuzungen, Kreisverkehre oder Dorfplatz. Der Italiener liebt es, bei Café, Vino oder einem Bier seinen emsig hin- und her fahrenden Bekannten zu winken.



Die abgekühlte Buell habe ich dann schon mal in den Bus gepackt und Dienstag morgen ging es dann nach Hause - die ersten 150 km nur hinter Apfeltreckern, LKW und Wohnmobilen her. Es ist einfach unglaublich: Jeder halbwegs neuer Mittelklassewagen hat minimum 120 PS und keiner der stolzen Besitzer sieht sich in der Lage, einen Traktor oder eine Radfahrergruppe einfach mal so zu überholen. Ich glaube, die würden auch geduldig von München von Flensburg hinter einer Oma mit Rollator herzuckeln, so lange die Straße nicht zweispurig ausgebaut ist. Mit dem Moped kann man sich mal eben an 8 schleichenden Autos zugleich vorbeizippen, aber mit dem VW-Bus birgt das auf Bergstrecken schon gewisse Risiken.



Einen Eintrag bin ich noch schuldig, und zwar die Bilder der Streichholzoma und der restlichen Freakshow. Fortsetzung folgt...

Sonntag, September 02, 2007

Träningslager - Teil 4

Ich weiß nicht genau, ob ich mal erwähnt habe, dass ich total auf Vögel stehe. Nein, ich meine jetzt nicht das Verbum und ebensowenig meine ich Hansi oder Burli, die Wellensittiche von Oma, sondern Wildvögel. Auf der Burg Tirol bei Meran gibt es eine Greifvogel-Pflegestation, die ca. 30 Tiere beherbergen - vom Falken über die Schleiereule, einen Gänsegeier und Waldkauz bis hin zum Steppenadler. Flugvorführungen machen die auch, also bin ich mit dem Moped dort hin gebraust. Den Weg vom Dorf zur Burg bin ich blöderweise zu Fuß im Leder gegangen, dafür durfte ich umsonst rein, weil das Kassenmädchen MItleid mit mir hatte – oder keine verschwitzten Geldscheine haben wollte.



Die Tiere waren wirklich beeindruckend. Am meisten hat es mir ein Kolkrabe angetan, den ich am liebsten mitgenommen hätte. Ich hätte niemals gedacht, dass diese Rabenvögel derart groß sind. Der Schnabel ist wirklich angsteinflößend. Superschlau sind diese Viecher. Er kam zu mir hin gehopst und hat mir zugehört. Danach hat er mich mit einem Stein beworfen – ich habe wohl etwas Falsches gesagt.





Anschließend bin ich noch über den Jaufenpass gebraust und musste meine geplante Strecke über Sterzing und Bozen im Eiltempo absolvieren, weil ich wegen der Flugshow so spät dran war.



Die Schleiereule und der Steppenadler (2 m Spannweite) waren es aber mehr als wert. Wenn so ein Vieh ca. 10 cm lautlos neben deinem Ohr vorbeigleitet, ist das schon ein Wahnsinns-Gefühl. Ich würde auch so gerne fliegen können. Was ich bisher nicht wusste ist, dass die Raubvögel absolut auf die Thermik angewiesen sind, die an diesem bewölkten Nachmittag leider nicht da war. Sie schaffen es einfach nicht, aufzusteigen. Ein kleiner Falke, der trotzdem die große Runde über das Tal versucht hatte, ist komplett bis unten hin abgesoffen und musste mit dem Auto abgeholt werden. Dafür kann er aber - wenn er es denn nach oben schafft - mit bis zu 400 km/h (!) aus den Lüften im Sturzflug auf seine Beute zuschießen. Wenn das mal nix is... alter Falter!





Folgende Feststellungen:
– Die Entscheidung, dem Menschen den Landgang aufzudrängen, war eine krasse Fehlentscheidung der Natur. Wir hätten z.B. kein akutes CO2-Problem und sähen alle besser aus, weil wir statt fett und bräsig in der E-Klasse sitzend und die Luft verpestend, alle einfach ressourcenschonend zur Arbeit flattern würden. Aber das konnte ja keiner ahnen.
– Ein Nachteil dieser Theorie wäre, dass die Mädels höchstwahrscheinlich keine oder nur gefiederte Möpse hätten.
– Drei Bücher sind zu wenig für eine Woche Urlaub alleine. Alle ausgelesen.
Kurzbesprechung:
Roddy Doyle, "Fish & Chips" - viel zu lange, banale Erzählung über ein paar Versager. Resümeé des Buches: Geld verdirbt die Freundschaft. Das ganze Buch hätte in einen Glückskeks gepasst.
Ian Mc Evan, "Am Strand" - ein glücklicherweise kleines Büchlein über ein verklemmtes Pärchen im puritanischen England der 60er Jahre. Behandelt das Kommunikationsproblem zwischen Mann und Frau, dass eigentlich jeder zur Genüge kennt. Tragischerweise hegt der Autor dabei anscheinend große Sympathien für die weibliche Protagonistin, eine frigide Musikerin, die total ausflippt, als er ihr in der Hochzeitsnacht versehentlich auf die Titten spritzt. Scheißbuch. Das Foto des Autors auf dem Klappentext hätte mich schon warnen sollen. Ein schleimiges Weichei mit zu vielen Haupthaaren und Horn-Nickelbrille.
– "Die Vermessung der Welt" - selten so ein faszinierendes Buch gelesen. Kann ich wirklich jedem nur empfehlen. Ein Roman über das Leben des seit seiner Kindheit getriebenen, unerschrockenen Weltentdeckers Alexander von Humboldt und dem notgeilen Misantrophen und genialen Mathematikers und Zynikers Carl-Friedrich Gauß und deren Begegnung in Berlin. Spannend, lehrreich und unglaublich lustig zugleich. Der Autor ist Baujahr 1975 - Hut ab! Wie macht der das bloß? Mehr davon!