Neulich habe ich jemand in der Stadt getroffen, der mich ganz verwundert fragte, was ich denn in Gottes Namen hier machen würde – ich hätte doch schließlich ins Gras gebissen und dürfte nach nach biologischen Maßstäben überhaupt nicht ohne fremde Hilfe aufrecht stehen können. Es wird Zeit für ein Lebenszeichen.
Eigentlich
ist alles anders hat sich nicht viel getan seit Januar. Trotzdem - hier die Ereignisse der letzten Wochen (in chronologischer Reihenfolge):
1. Ich habe jemanden gefunden, mit dem ich den kümmerlichen Rest meines Lebens verbringen will (habe ich das geschrieben?). Das da dem unteren Bild links gehört nicht dazu, das ist nur der alte Flappmann Torge, aber den liebe ich ja schließlich auch.


2. Die erste offizielle „VEB Plaste & Plattenparty" im Minol war ein Mega-Erfolg. Es war so voll wie schon lange nicht mehr in dem Bums und die Gäste waren und haben saugut aufgelegt. Auch Torge und ich hatten Riesenspaß am Schluß - wir waren aber zugegebenermaßen die allerschlechtesten, weil wir mittlerweile rotzvoll waren und die Plattentitel nicht mehr lesen konnten. Den letzten beißen eben die Hunde.

3. Ich hatte einen beschissenen Bandscheibenvorfall, bzw. den hatte ich wohl schon länger, nur dass er sich jetzt über meinen Ischiasnerv hergemacht hatte. Zahnschmerzen im Arsch und im Bein sind echt nicht lustig und das macht einen mächtig mürbe. Die Auflegerei im Arcari hat mir der verfluchte Knorpel auch versaut: Nachdem ich mit Jörn noch den (sehr lustigen) Altweiberdonnnerstag unter massiver Ibuprofen-Beigabe durchgestanden hatte, konnte ich am Freitag keinen Schritt mehr ohne leisem Wimmern gehen. Bildlich gesprochen, hatte ich wohl in den letzten Monaten zuviel zu (er-)tragen müssen und mir auch zuviel aufgebürdet. Wahrscheinlich fallen deswegen auch meine Rennstreckentage im März in Cartagena ins Wasser.
Aber: Wo Schatten ist, ist auch Licht. An dem ausgefallenen Karnevalssonntag bin ich statt im Arcari Musik zu machen, mit Uta zur Nahrungsaufnahme in eine nahegelegene Kneipe gehumpelt, die ich sonst nie betreten hätte. An der Klotür hing ein Aushang, dass eine Pflegefamilie zwei Mischlingswelpen abzugeben hätte. Ich den einen von beiden habe ich mich sofort schockverliebt und während ich mir gerade die Telefonnummer notiere, kommt der Typ mit genau dem kleinen Scheißer zur Tür herein. Lange Rede, kurzer Sinn:
4. Ich habe jetzt einen Hund.
Ich wollte schon seit ewiger Zeit wieder einen Hund haben, aber das ging bis dato aus verschiedenen Gründen nicht. Das Tier sollte folgende Voraussetzungen mitbringen: a) möglichst ein Stragami (Straßengrabenmischung) sein, b) groß und ein Rüde sein, c) ein schlauer Charakterköter sein, d) mir irgendwie zulaufen, also z.B. angebunden an der Autobahnraste sitzen oder so.
Auf Coffy trifft das alles zu (dass der kleine Köter Coffy heißen soll – so wie der coole 70er Jahre Blaxpoitation-Film – stand schon seit Jahren fest). Coffy ist eine Bardino-Mischung (wahrscheinlich u.a. mit Schäferhund), ca. 4 Monate alt und mit seinem Bruder von einer Tierhilfe aus den Kanaren geholt worden, der Rest des Wurfes wurde abgemurkst. Er ist ein cooler kleiner Drecksack mit einem Dickkopf, der alles übertrifft, was ich bis jetzt erlebt habe. Während er 23 Stunden am Tag ein liebenswerter, gelehriger kleiner Welpe ist, versucht er in der übrigen Stunde jetzt schon, seine Dominanz durchzusetzen. In dieser rauhen Stunde fighten wir auch bei Kleinigkeiten mit allen Mitteln um die Vormachtstellung - und das ist kein Spaß mit so einem wilden Heimkind.





Da er noch nicht stubenrein ist, verändert sich mein Lebensrhythmus momentan gravierend. Ich bin so früh wie noch nie in der Firma, gehe aber um die gleiche Zeit ins Bett. Allerdings relativ nüchtern. Glücklicherweise ist Coffy extrem schußfest - er bleibt sowohl im Stadtgewimmel, auf dem überfüllten Wochenmarkt oder auch bei Caps Geburtstagsparty am Freitag total locker und entspannt. Er hat in nur 5 Tagen schon „Sitz“, „Komm“, „Aus", Ab, Hundeplatz" und Gassigehen gelernt, was bei uns „Coffy to go" heißt. „Nein!" versteht er schon länger, befolgt es allerdings zeitweise nur unter heftigsten Protest, der kleine Punk. Er hat verstanden, dass Betteln, Sofa und Bett tabu sind. Uta, die super mit Hunden umgehen kann, hat er als Betarüden voll akzeptiert. Autofahren liebt er total und döst sofort in seinem Karton, aus dem Fahrradkorb ist er allerdings beim ersten Versuch rausgesprungen, hat sich abgerollt und total staubig und etwas verstört aus dem Dreck aufgerappelt. Alleinebleiben üben wir gerade, 15 Minuten sind schon kein Problem. Auf der Hundewiese ignoriert er Gleichaltrige, und versucht, mit den großen Hunden zu pinkeln, die ihm dann auch mal zeigen, wo der Frosch die Locken hat. Schaden kann das jedenfalls nicht.
Mir macht es jedenfalls riesigen Spaß mit meinem neuen Begleiter. Und ich habe auch gelernt, meine Ansprüche an ihn etwas herunter zu schrauben und nicht den Wunderhund zu erwarten. So merkwürdig es sich auch anhört und es befremdlich erscheinen mag, dass auf einmal mein Glück und Bettruhe davon abhängt, dass sich ein kleiner Straßenköter von seinen Verdauungsresten löst: Es gibt einem ein extrem erfülltes und zufriedenes Gefühl, wenn so ein Tier Vertrauen fasst und Zuneigung entwickelt. Mag ein reiner Selbstzweck sein, aber irgendwie auch nicht. Und ich werde mich bemühen, hier im Blog nicht allzu viel Hundecontent zu verbreiten. Versprechen kann ich das aber nicht. Ach ja: Ich will immer noch keine Kinder, vergesst es, dieses Schnitzel ist paniert.