Donnerstag, November 16, 2006

Besuch beim Schamanen.

Wer mich etwas länger kennt, wird sicher nicht widersprechen, wenn ich behaupte, dass in mir nicht die Seele eines Versicherungsmathematikers wohnt. Ich kann zwar differenziert denken und stehe als männlicher Stier gerne mit allen vier Hufen auf verläßlich sicherem Untergrund, buddele nicht bei Vollmond irgendwelche Alraunen unter der Eiche der Gehenkten aus und eine Einladung zur Klangschalenmeditation würde mir auch keiner, der halbwegs bei Trost ist, in die Tasche schmuggeln. Andererseits spiele ich Lotto, wenn meine finanzielle Situation suboptimal ist, glaube felsenfest an die große Liebe und traue unser abgezockten Mutter Erde durchaus zu, dass sie im Spiel um die großen Geheimnisse noch so einige saftige Asse in ihren Meridianen stecken hat und wir Menschlein immer noch mächtige Nudeln sind, obwohl wir uns für so oberschlau und abgeklärt halten. Daher hab ich jetzt auch Hilfe in der alternativen Medizin gesucht.

In den letzten Wochen haben mich Neurologen, Radiologen und Mikrochirurgen befummelt wie einen La-Perla-Stringtanga, um rauszufinden, warum bei ein paar Muskeln meiner rechten Hand der Draht abgerissen ist. Nach schweineteuren aufwändigen Untersuchungsreihen wurde ein älterer Schlüsselbeinbruch als Störstelle in der Leitung diagnostiziert, worauf der Chirurg schon die Messer gewetzt hat, um mich wie einen Truthahn zu tranchieren, wenn ich bis dahin nicht doch bereits an einer schweren neurologischen Krankheit eingegangen sein sollte.

Da mir das alles aber sehr halbherzig motiviert erschien, war ich jetzt bei einem Osteopathen, der die Sache anders angehen will. Die Theorie ist ungefähr so, dass das Gewebe auf schwere Verletzungen am Bewegungsapparat dauerhaft reagiert, sich zum Schutz verhärtet und dies beibehält, auch wenn die Wunden längst wieder ausgeheilt sind. Dieses kann man durch gezielte Lockerung rückgängig machen. Heute war meine zweite Sitzung und als ich aus der Praxis kam und mich auf's Motorrad setzte, könnte ich gar nicht fassen, wie gut sich mein Körper anfühlte. Alle kleinen und großen Verspannungen, die ich in den letzten Monaten verspürt hatte waren auf einmal wie weggezaubert. Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr, bewege mich federleicht und balanciert, könnte buchstäblich Bäume ausreißen und atme erstmals seit langer Zeit frei und unbeschwert durch. Und in der Hand, der ich vorher schon fast befehlen musste, den Gasgriff aufzudrehen, war wieder Blut und Wärme drin. Hammer, oder? Wenn jetzt nach den nächsten Sitzungen wirklich meine Nervenblockade weggeht und meine Hand wieder so stark wie vorher wird, werde ich als erstes dazu benutzen, dem Therapeuten mal kräftig auf die Schulter zu klopfen. Er kann sich die Verletzung dann ja wieder selber weg therapieren.

5 Comments:

Anonymous Anonym said...

Dazu fallen mir immer zwei Supersprüche ein:
"Der Mensch hält ne Menge Arzt aus" ist der Eine, der andere lautet: "Wer heilt, har Recht!"
Viele Genesungswünsche von nem alten OP-Pfleger :)
Jürgen

11:00 AM  
Blogger Der_grosse_Transzendentale_Steini said...

*lol* Danke, Jürgen. Alte-OPA-Pfleger? Das könnt ich gebrauchen! :-)

11:19 AM  
Blogger myglobalsoul said...

Hey mein Lieber, da freue ich mich aber gerade mal riesig! Für Dich! Aber nicht dass Du jetzt sofort wieder auf die Idee kommst zur Abwechslung in ein Renntrainig zu gehen... Damit wäre wahrscheinlich auch der Osteophat phatt überfordert. Gute Besserung!

2:27 PM  
Anonymous Anonym said...

hallo R

nimm das mit deiner pfote nicht auf die leichte schulter - eine defekte leitung mit ausfall des erfolgsorgans kann man nicht wachschütteln - schon bei chirurgischer dekompression würde der nerv vom schlüsselbein (wenn der defekt dort sitzt) bis zur hand ein jahr brauchen um zu genesen
würde mir deine neurologieunterlagen gerne mal ansehen - kannst sie mir gerne mailen gruss willi

4:05 PM  
Blogger Reto said...

Musstest leider als Beispiel zur Veranschaulichung der männlichen Hemmung, sich zu alternativer Medizin zu bekennen, herhalten ...

11:24 AM  

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