Stadtfeind Nummer eins.
OK – ich mag Tauben. Oder besser, ich habe nichts gegen sie, was einem beim Thema Tauben schon eine gesellschaftliche Außenseiterstellung einnehmen lässt. Es gibt wahrscheinlich kaum ein Tier, dem soviel Antipathie entgegengebracht wird und über das so viele Vorurteile existieren. Die Vögel werden vergrämt, vergiftet, ihre Küken lebendig eingenetzt und eingemauert, absichtlich überfahren, getreten, sie spießen sich an mörderischen Stachelbarrieren auf, schnüren sich die Füße an Verpackungsmaterialien ab und verätzen sie sich im Winter am Streusalz.
Unsere Stadttauben stammen ursprünglich von Felsentauben ab, daher nisten sie auch vorzugsweise unter zugigen Unterführungen und Gebäudevorsprüngen. Sie sind keineswegs hier beheimatet, sondern vom Menschen angeschleppt worden, teils als Fleischlieferant oder eben überwiegend als Brief- oder Zuchttaube. Was bei uns durch die Fußgängerzonen trippelt, sind allesamt Nachkommen dieser Haustiere, sie sind keine Wildtiere. Sie sind sehr standorttreu und suchen ihre Nahrung und Brutplätze nur in unmittelbarer Umgebung. Sie finden in der Stadt kaum artgerechte Nahrung (Körner und Sämereien) und ernähren sich als Kulturfolger daher davon, was der Mensch so übrig läßt. Entgegen der weitverbreiteten Meinung übertragen Stadttauben keinerlei Krankheiten und richten auch kaum Schäden an Gebäuden an, Taubenkot ist basisch. Diese zerstörerische Aufgabe übernehmen zu 95% Autoabgase und saurer Regen.
Ich mag sie, weil sie echte Überlebenskünstler sind, weil sie ausgesprochen gut fliegen können, ein ausgeprägt gutes Sozialverhalten haben und natürlich, weil sie so gedisst werden. Es sind aufopfernde und fürsorgliche Eltern und leben monogam. Es ist toll zu beobachten, wenn sie am Rhein morgens und abends in einem großen Schwarm nur so aus Spaß am Fliegen eine Stunde lang spektakuläre Runden drehen.
Natürlich laufe ich nicht stundenlang mit Futtersack und Verbandskasten bewaffnet durch die Innenstädte und zünde auch nicht für jede verhungerte Taube eine Kerze an, aber ich versuche einfach, sie als normales Tier zu sehen und nicht als verhasster Schädling. Meine Ansichten teile ich leider überwiegend mit latzbehosten, undifferenziert denkenden Tierschutzfreaks, verwirrten Damen jenseits der Menopause und vereinsamten Rentnern, aber was solls.
Warum ich das jetzt schreibe obwohl es doch sowieso keinen interessiert?
Gestern hab ich in meiner Tageszeitung eine Kolumne gelesen, die die Thematik ganz gut wiederspiegelt. Beim Lesen kann ja mal im Kopf das Wort "Taube" mit "Blaumeise", "Eichhörnchen" oder "streunender Hund" tauschen, dann versteht man vielleicht, was ich meine.
Ich fand den Artikel derart dämlich, dass ich nicht umhin kam, einen Leserbrief zu schreiben:
RP vom 27.10.06, Seite B1, Rubrik Total lokal, „Taube Tauben fliegen nicht weg" Sehr geehrte Damen und Herren, in o.g. Artikel amüsiert sich der Verfasser über eine junge Frau, die nicht - wie er selbst wohl es getan - mit Vollgas zwei Stadttauben überfahren hätten. Auch wenn der Herr „sg" augenscheinlich eine starke Aversion zu Tauben hegt und sich noch nicht mal zu schade ist, die idiotische und polemische Parallele zu Ratten zu ziehen, erwarte ich als Leser einer seriösen Tageszeitung, dass ich von deren Redakteuren nicht zur Missachtung und Quälerei von Lebewesen aufgefordert werde. Tauben übrigens sind Kulturfolger des Menschen, die ihres natürlichen Lebensraums beraubt worden sind und auf deren Speiseplan alte Pizzareste keineswegs ganz oben stehen. Zumindest nicht so weit oben, als dass sie sich dafür totfahren lassen würden. Über die zwangsverordnete Fehlernährung einer Stadttaube zu schreiben, ist natürlich bei weitem nicht so saftig erfrischend und opportunistisch, wie ein paar Zeilen zu tippen, wie man einem hungrigen Vogel am besten in den Arsch tritt. Lieber „sg", benennen Sie ihre Kolumne in "Total banal" oder "Total fatal" um oder recherchieren Sie zukünftig besser - vielleicht dürfen Sie dann auch mal längeren Artikel verfassen. Mit freundlichen Grüßen
Unsere Stadttauben stammen ursprünglich von Felsentauben ab, daher nisten sie auch vorzugsweise unter zugigen Unterführungen und Gebäudevorsprüngen. Sie sind keineswegs hier beheimatet, sondern vom Menschen angeschleppt worden, teils als Fleischlieferant oder eben überwiegend als Brief- oder Zuchttaube. Was bei uns durch die Fußgängerzonen trippelt, sind allesamt Nachkommen dieser Haustiere, sie sind keine Wildtiere. Sie sind sehr standorttreu und suchen ihre Nahrung und Brutplätze nur in unmittelbarer Umgebung. Sie finden in der Stadt kaum artgerechte Nahrung (Körner und Sämereien) und ernähren sich als Kulturfolger daher davon, was der Mensch so übrig läßt. Entgegen der weitverbreiteten Meinung übertragen Stadttauben keinerlei Krankheiten und richten auch kaum Schäden an Gebäuden an, Taubenkot ist basisch. Diese zerstörerische Aufgabe übernehmen zu 95% Autoabgase und saurer Regen.
Ich mag sie, weil sie echte Überlebenskünstler sind, weil sie ausgesprochen gut fliegen können, ein ausgeprägt gutes Sozialverhalten haben und natürlich, weil sie so gedisst werden. Es sind aufopfernde und fürsorgliche Eltern und leben monogam. Es ist toll zu beobachten, wenn sie am Rhein morgens und abends in einem großen Schwarm nur so aus Spaß am Fliegen eine Stunde lang spektakuläre Runden drehen.
Natürlich laufe ich nicht stundenlang mit Futtersack und Verbandskasten bewaffnet durch die Innenstädte und zünde auch nicht für jede verhungerte Taube eine Kerze an, aber ich versuche einfach, sie als normales Tier zu sehen und nicht als verhasster Schädling. Meine Ansichten teile ich leider überwiegend mit latzbehosten, undifferenziert denkenden Tierschutzfreaks, verwirrten Damen jenseits der Menopause und vereinsamten Rentnern, aber was solls.
Warum ich das jetzt schreibe obwohl es doch sowieso keinen interessiert?
Gestern hab ich in meiner Tageszeitung eine Kolumne gelesen, die die Thematik ganz gut wiederspiegelt. Beim Lesen kann ja mal im Kopf das Wort "Taube" mit "Blaumeise", "Eichhörnchen" oder "streunender Hund" tauschen, dann versteht man vielleicht, was ich meine.
Ich fand den Artikel derart dämlich, dass ich nicht umhin kam, einen Leserbrief zu schreiben:
RP vom 27.10.06, Seite B1, Rubrik Total lokal, „Taube Tauben fliegen nicht weg" Sehr geehrte Damen und Herren, in o.g. Artikel amüsiert sich der Verfasser über eine junge Frau, die nicht - wie er selbst wohl es getan - mit Vollgas zwei Stadttauben überfahren hätten. Auch wenn der Herr „sg" augenscheinlich eine starke Aversion zu Tauben hegt und sich noch nicht mal zu schade ist, die idiotische und polemische Parallele zu Ratten zu ziehen, erwarte ich als Leser einer seriösen Tageszeitung, dass ich von deren Redakteuren nicht zur Missachtung und Quälerei von Lebewesen aufgefordert werde. Tauben übrigens sind Kulturfolger des Menschen, die ihres natürlichen Lebensraums beraubt worden sind und auf deren Speiseplan alte Pizzareste keineswegs ganz oben stehen. Zumindest nicht so weit oben, als dass sie sich dafür totfahren lassen würden. Über die zwangsverordnete Fehlernährung einer Stadttaube zu schreiben, ist natürlich bei weitem nicht so saftig erfrischend und opportunistisch, wie ein paar Zeilen zu tippen, wie man einem hungrigen Vogel am besten in den Arsch tritt. Lieber „sg", benennen Sie ihre Kolumne in "Total banal" oder "Total fatal" um oder recherchieren Sie zukünftig besser - vielleicht dürfen Sie dann auch mal längeren Artikel verfassen. Mit freundlichen Grüßen
6 Comments:
Nicht ganz korrekt....die Taube ist Überträger von Krankheiten durch Milben, Zecken und ähnlichem Zeug. Das alleine reicht mir schon, sie nicht in unmittelbarer Nähe haben zu wollen.
Aber...scheiss Artikel und guter Leserbrief ;)
Pulitzer-Nominierung in der Kategorie Leserbriefe!
Ich mag Tauben. Die haben so lustige rote Füße :D
Da ich mir nicht einbilde, mit 66 schon alles zu wissen, habe ich den Beschuß des gefiederten Völkchens mit Gummibärchen auf dem Balkon des Café Sperrmüll sofort eingestellt/einstellen lassen.
In deren Minnesang - homosexuellem Lustgestöhne sehr ähnlich - werde ich jedoch nicht einstimmen.
Die Viecher kommen zu uns nicht zur Futtersuche, sondern um sich zu paaren. Wenn sie im nächsten Jahr hier wieder ein Nest bauen, werde ich dieses nicht mehr entfernen, sondern den gesamten Vorgang mit einer Webcam beobachten. Vielleicht klappts dann doch noch mit dem Pulitzer Preis ;-)
@Singmöbi: So nah kommen sie einem doch eh kaum.
@mq: Wow. Hoffentlich muss sg die Laudatio schreiben.
@Martha: Habe gerade lustige rote, dicke Füße. Stich!
@Opa: Lass ma. Eier wegnehmen oder durch Attrappen ersetzen ist das allerbeste, was man machen kann. Scheiß auf den Orden.
An mein Herz. Sehr fein gemacht. Mich kotzen diese „die Taube ist doch 'ne fliegende Ratte“-Dummsinn-Vertreter so maßlos an. Hey, und ich habe 'ne Taubenphobie. Ich habe echte Probleme mit diesen Tieren. Aber diese Viecher sind hochintelligent und wenn man sich dann mal vor Augen führt, das wir deswegen so eine hohe Population dieser Tierchen haben, weil der Mensch irgendwann mal meinte, als Brief- und Sporttauben seine sie dann doch nicht mehr so interessant (und die dafür vorher gezüchet haben wie doof) und als Guano-Lieferant auch nicht mehr (klar, chemischer Dünger ist viel besser und vergiftet auch nicht die Flüsse), dann spricht das wohl Bände.
@singamoebe
Das ist im Ansatz richtig. Nur wenn wir jetzt über Milben reden, wollen wir uns dann beide Ihre und meine Matratze mal näher anschauen? ;-) Tauben sind Parasitenträger, das ist richtig. Allerdings sind das primär Parasiten, die aufgrund einer geschädigten Umwelt existieren können. Und wer hat's erfunden? Die Taube oder der kleingeistige Zweibeiner ohne Flügel?
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