Montag, August 28, 2006

Von rasenden Weisswürsten und Hinbrezeln.



Manchmal ist es schon etwas komisch, ein Hobby zu haben, das die meisten Menschen mit unförmigen Gore-Tex-Kombis, Bratwurst und Pommes fressende Horden an der Talsperre, schaschlikartigen Unterschenkelknochen, Pickelfressen unterm Streetfighterhelm und Bierbauch unter der papageienfarbigen Lederkombi verbinden. Würde mir wahrscheinlich ähnlich gehen, wenn ich nicht so hoffnungslos vom Virus Motorradfahren befallen wäre. Über meine anderen pathologischen Leidenschaften werde ich mich zu gegebener Zeit mal auslassen.

Als ich vor dem Wochenende Freunden erzählte, dass ich nach Baden-Baden fahre, sprudelten die Kommentare nur so raus: Oh, gehst Du ins Casino? Hey, da gibt es ein gaaanz tolles Restaurant! Hubert Burda hat da ein fantastisches Kunstmuseum errichtet, das_musst_Du_Dir_ansehen! Als ich dann sagte, dass ich dort lediglich auf einer kleine Rennstrecke Motorradfahren werde, habe ich mal wieder Blicke geerntet, als ob ich mich darauf freuen würde, samstags in der Kanalisation Wasserratten mit der bloßen Hand zu fangen.



Zum Testride dort hatte das Team Motobike geladen. Ein Veranstalter, der jahrelang stark Ducati-affin war, aber letztlich in das Lager von BMW Motorrad abgeworben wurde. Als wir dort aufschlugen, wurde mir auch klar, warum Team Motobike sein italienisches Herz an die Bajuwaren verkauft hatte. Im Fahrerlager standen ca. 40 flammneue Eisen aus dem BMW Sport(naja..)segment bereit, die man gegen einen recht lächerlichen Tagesobulus nach Herzenslust über die Rennstrecke prügeln konnte - wahrscheinlich ein Zehntel der jährlich in Deutschland zugelassenen Ducatis. Wer hat, der hat...



Zum Vergleich: Das ist so, als ob die Firma Porsche mit zehn funkelnagelneuen 911ern an der Straßenecke stände und jedem Passanten den Schlüssel für eine flotte Runde über den Nürburgring in die Hand drücken würde. Man muss es allerdings so sehen: Jeder der Vorführer geht in die Zulassungsstatistik ein und ein geschrottetes Motorrad ist ein verkauftes Motorrad – auch wenn es nur kaltverformt an die Versicherung gegangen ist. Alte Weisheit: Traue nie einer Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.

Um es vorweg zu nehmen: Drei von den vier dargebotenen Modellen sind echte Schweineöfen, die sich tatsächlich genauso scheiße fahren, wie sie aussehen. Insbesondere die mit großem Tra-ra präsentierte K1200R sieht aus, als ob Freddy Krueger persönlich seine Opfer damit abtransportieren würde. Lucky und ich haben die Theorie entwickelt, dass der Chefkonstrukteur urplötzlich verstorben ist, bevor er die Einzelteile zusammenfügen konnte. Seine Mitarbeiter müssen dann nicht gewusst haben, was wohin gehört und vielleicht wäre das ja auch ein hübsches Motorrad, wenn es denn mal einer schaffen würde, das Ding richtig rum zusammenzustecken. Ein Modell allerdings sieht wirklich sexy aus und fährt auch saugut: Der Sportboxer R1200S, natürlich in Schwarz und mit Öhlins-Fahrwerk. Wir haben damit einen Riesenspaß gehabt und ich könnte mir gut vorstellen, so ein Ding in meine Garage zu schieben. Ich fürchte, ich werde alt.



Der Tag war sehr, sehr lustig. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, nur mit Lucky und Friedbert zu fahren, aber unerwarteterweise waren Steffen, Heiko und Volker, der weiße Riese, auch mit von der Partie und Superluis und Rolf kamen auf einen Besuch vorbei. Die Strecke ist wirklich genial - nur 2,5 km lang, aber superkurvig und abwechslungsreich, toller Grip und eine Gegengerade, aus der man aus über 200 km/h in eine 30 km/h Schikane runterbremsen kann. Tolle Sache, Rennstreckenpapst Tilke hat's echt drauf. Stimmung war super und wir haben unser Kontingent an BMWs-Überholen für die nächsten zehn Italienurlaube erfüllt.





Albin, Olly P., Clark, Uwe, Rakete, Roxy und Babette, die Instruktoren von Team Motobike, waren trotz Markenwechsel auch wieder furchtbar nett und entspannt und hatten sogar jede Menge Spaß daran, die ganzen Wippen zwischendurch zum Tanken und am Ende in den Hangar zu fahren. Ich an deren Stelle hätte jedesmal eine Muskelzerrung vorgetäuscht.




Man fragt sich natürlich, ob es sich denn lohnt, 800 km mit dem Auto zu fahren, um 6.00 Uhr aufzustehen und Sonntag nacht völlig platt ins Körbchen zu fallen, nur um 6 x 20 Minuten im Kreis zu fahren und sich dabei vielleicht alle Gräten zu brechen, aber so ist das eben mit den Viren: die sitzen hartnäckig fest und ein Heilmittel habe ich - glücklicherweise - noch nicht gefunden.

6 Comments:

Anonymous Anonym said...

Virenerkrankte Mopedfahrer mit 200km/h in der Kurve sind mir auf einer Quarantäne Rennstrecke deutlich lieber als im Kinzigtal oder zwischen den Spuren bei Stau auf der Autobahn.

10:07 AM  
Anonymous Anonym said...

Jaja, ich weiß: einmal Biker, immer Biker. Wer einmal mit dem Virus infiziert ist, bleibt es auch, da hilft nix. Bin seit Jahren auf Turkey und wenn ich eine Testastretta o.ä. sehe, bekomme ich immer noch feuchte Hände.
Die K1200R ist wirklich eines der hässlichsten Bikes, die man z.Zt. kaufen kann und die R1200S eine der optisch leckersten BMWs ever, aber ich bin ja noch älter als du…

11:18 AM  
Blogger mq said...

/Stautango: Virenerkrankte Mopedfahrer mit 200km/h in der Kurve sind mir überall lieber als holländische Würstelbuden mit Linksdrall.

9:19 PM  
Blogger Bob said...

Virus? Papperlapapp! Mit ner Krankheit hat das nix zu tun. Das ist genetisch bedingt. Schau dir doch mal die drei Nerds auf dem Mofa an. Oder die Bombenleger mit lila Hosenträger oder Espressokralle...

Ne, ne. Was einmal genetisch versaut ist kriegste mit Schlägen allein auch nicht wieder hin... da hilft nur Augen zu und durch;)

7:44 PM  
Anonymous Anonym said...

@mq: Das schöne mit dem Linksdrall ist: die meisten Worschtbuden haverieren bei den ostfriesischen Inseln in der Nordsee, nur die wenigsten schaffen es geradeaus nach Toitschland hinein.

Obwohl, wenn man das so sieht auf der A3, sollte man vielleicht zurückkehren zur STARRLENKUNG (links).

3:50 PM  
Anonymous Anonym said...

@bob, hasde auch wieder recht. also das gelände (von aussen) versiegeln und fahrenlassen

3:52 PM  

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